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DER STANDARD-KOMMENTAR "Länder suchen nach Bedeutung" von Conrad Seidl

Geschrieben am 12-11-2013

Bürgernahe Verwaltung klingt gut, die Beispiele schrecken aber
eher ab - Ausgabe vom 13.11.2013

Wien (ots) - Landespolitik ist im Grunde eine beschauliche Sache:
Die Landtage treten im Normalfall an zwei Dutzend Sitzungstagen im
Jahr zusammen, beraten über Jagdrecht, Jugendschutz und
Feuerwehrwesen und verfassen die eine oder andere Resolution, die
sich an die Bundesregierung richtet. Und natürlich befassen sich die
Abgeordneten gerne mit Umweltschutz - soweit diese Materie nicht im
Bundesrecht oder dem EU-Recht erschöpfend behandelt ist. Nur der
Bereich Naturschutz ist voll und ganz Landessache - was an den
Grenzen der Bundesländer zu kuriosen Situationen führen kann. So ist
es ja mit den meisten Bereichen: Ein Großteil der Österreich
betreffenden Rechtsmaterien ist ohnehin zwingendes Gemeinschaftsrecht
- was der Republik Österreich bleibt, übernehmen gerne die Regierung
und Parlament auf Bundesebene. Und der Rest bleibt (anders als bei
der Gründung der Republik vor 95 Jahren geplant) den Bundesländern.
Klarerweise versteht man auch in Linz und Graz, Eisenstadt und
Innsbruck, dass sich da in absehbarer Zeit wenig ändern wird - auch
wenn dieser Zustand in den einzelnen Bundesländern als wenig
befriedigend empfunden wird. Also wird nach einem Weg gesucht, wie
man die Bedeutung der Länder doch noch aufpolieren könnte. Wenn es
nicht im Bereich der Rechtssetzung ist, dann vielleicht im Bereich
der Verwaltung. Das wäre im Grunde keine schlechte Idee: Einige
Verwaltungsagenden lassen sich durchaus bürgernäher organisieren. Das
vor allem von der ÖVP verfolgte, aber auch in den roten
Landesparteien recht populäre Subsidiaritätsprinzip sähe etwa vor,
dass man die Verwaltung der Schulen möglichst weit "nach unten"
verlagert - wobei der Bund per Gesetz vorgeben würde, wie
Schulorganisation, Lehrpläne und Unterrichtsqualität aussehen müssen.
Eltern und Schüler könnten ohnehin direkt beobachten, ob die
Verwaltung sachgerecht und zielorientiert (oder etwa überwiegend an
Parteiinteressen orientiert) funktioniert. Die Landeshauptleute, im
Bewusstsein ihres persönlichen Ansehens daheim in den Ländern, werben
derzeit heftig für ein solches System und führen dabei an, dass die
Auslagerung der Bundesstraßenverwaltung in die Länder ebenso gut
funktioniert hat wie die Gesundheitsreform, die Minister Alois Stöger
in aller Stille (und mit mehr fachlicher als öffentlicher
Anerkennung) gemeinsam mit den Ländern auf die Schiene gebracht hat.
Gelingt es den Landeshauptleuten, ihren Bundesparteien schmackhaft zu
machen, dass Landesverwaltungen billiger und bürgernäher arbeiten,
dann könnten sie daheim noch zusätzliche Popularität gewinnen: Denn
mittelfristig würden besser dotierte Planstellen für besser
ausgebildete Beamte von Wien in die Bundesländer verlegt. Zwei
gewichtige Punkte sprechen aber dagegen, dass die Länder solchen
Machtzuwachs bekommen. Da ist zum einen das steirische Beispiel: Da
wird zwar mit großer Ambition die Verwaltung auf höhere Effizienz
getrimmt - aber es läuft dort letztlich gegen das
Subsidiaritätsprinzip. Am Ende bekommen die Steirer eine stärker
zentralisierte Verwaltung. Die beiden anderen Beispiele heißen
Kärnten und Salzburg: Dort hat die allzu selbstständige Finanzpolitik
mitten in Skandale geführt. Und dann (eigentlich: viel zu spät) war
es mit der Beschaulichkeit der Landespolitik auch vorbei.

Rückfragehinweis:
Der Standard
Tel.: (01) 531 70 DW 445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

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