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Westfalen-Blatt: zum Thema Maut-Daten

Geschrieben am 06-11-2013

Bielefeld (ots) - Der Geist ist aus der Flasche - und lässt sich
nur schwerlich wieder einfangen. Bundesinnenminister Hans-Peter
Friedrich von der CSU hat den denkbar ungünstigsten Zeitpunkt
gewählt, um den Korken zu ziehen und die Debatte um die Nutzung von
Maut-Daten für die Verbrechensbekämpfung neu zu entfachen. Da hilft
es auch nicht, dass er bereits wenige Stunden später - vermutlich auf
Drängen von Bundeskanzlerin Angela Merkel - das Thema ohne wirkliche
Begründung für »erledigt« erklärte. Gerade in Deutschland haben die
Menschen derzeit besonders feine Antennen, wenn es um das Thema
Überwachung geht. Der Skandal um das Abhören von Telefongesprächen
und das Abfischen von Internetdaten durch diverse ausländische
Geheimdienste ist mehr als nur ein Angriff auf die Datensicherheit.
Das Vertrauen in den Rechtsstaat ist schwer erschüttert worden.
Sowohl von den Amerikanern als auch von unseren Politikern, die wider
besseres Wissen die NSA-Abhöraffäre schon vor Monaten demonstrativ
für beendet erklärten. Vor diesem Hintergrund die Diskussion über
einen Umbau des Lkw-Mautsystems zu einem Überwachungssystem erneut
anzustoßen, ist schlichtweg dumm - gleichwohl aber offensichtlich von
langer Hand vorbereitet. Schließlich lässt sich ein 30-seitiger
Maßnahmenkatalog zur Internet- und Videoüberwachung nicht mal schnell
so erstellen. Fast scheint es, dass Friedrich angesichts der
Wahlschlappe der FDP die Chance sah, eine Ausweitung der
Überwachungsrechte bei den Koalitionsverhandlungen festschreiben zu
können. Die Liberalen hatten sich in den vergangenen Jahren immer
wieder vehement gegen solche Pläne ausgesprochen. Denn: Überlegungen
dieser Art gibt es bereits seit Einführung der Maut-Erfassung im Jahr
2005. Damals war es ein bis heute ungeklärter Todesfall, der für den
damaligen Innenminister Wolfgang Schäuble Grund war, die an den
Maut-Brücken gesammelten Daten zur Fahndung nach Terroristen und
Kapitalverbrechern heranzuziehen. Ein Lkw-Fahrer hatte auf einem
Parkplatz einen Wachmann vermutlich vorsätzlich überfahren und war
entkommen. Außer Schäuble sprachen und sprechen sich bis heute auch
die Ermittlungsbehörden dafür aus, die Daten unter bestimmten
Voraussetzungen nutzen zu dürfen. Eine Forderung, die aus Sicht der
Verbrechensbekämpfung verständlich ist. Doch die Frage, wer wann die
Daten nutzen darf und wie lange, müsste zunächst geklärt sein.
Angesichts der NSA-Affäre und der Enthüllungen aber, die in diesem
Zusammenhang ans Licht kommen, scheint diese Kontrolle unmöglich. Dem
Missbrauch wären Tür und Tor weit geöffnet. Deshalb ist es gut, dass
die Flasche jetzt wieder fest verkorkt wurde. Der Geist des
Überwachungs-Unbehagens aber hängt dessen ungeachtet stärker denn je
in der Luft.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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