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"Report Mainz", heute, 29.10.2013, um 21.45 Uhr im Ersten / Krankenhäuser wehren sich gegen verbindliche Personalvorgaben für Frühchen-Stationen

Geschrieben am 29-10-2013

Mainz (ots) - Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) versucht,
verbindliche Mindeststandards beim Pflegepersonal auf
Frühchen-Stationen abzuwenden. Das berichtet das ARD-Politikmagazin
"Report Mainz" (heute Abend, 21.45 Uhr, Das Erste) unter Berufung auf
einen internen Briefwechsel zwischen Deutscher
Krankenhausgesellschaft und Bundesgesundheitsministerium.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) von Ärzten, Krankenkassen
und Kliniken hatte in seiner Sitzung vom 20. Juni 2013 einen
verbindlichen Pflegeschlüssel von 1:1 in der Intensivtherapie für
Frühchen beschlossen. Das bedeutet, dass nach Ablauf einer
Übergangsfrist von 2017 an pro Frühchen mindestens eine
Kinderkrankenpflegekraft zur Verfügung stehen muss. Doch Recherchen
von "Report Mainz" zeigen jetzt, dass die Deutsche
Krankenhausgesellschaft diese Richtlinie, der sie im G-BA zunächst
zugestimmt hatte, nun hinter den Kulissen wieder auszuhebeln
versucht: Dem ARD-Politikmagazin liegt ein Schreiben des
DKG-Hauptgeschäftsführers Georg Baum an Bundesgesundheitsminister
Daniel Bahr (FDP) vom 23. August 2013 vor, in dem er die durch den
Beschluss entstehenden "hohen Personalmehrkosten" kritisiert. Es gebe
zudem "nicht genügend entsprechend ausgebildete Fachkräfte". Wörtlich
heißt es darin weiter: "Die Kliniken laufen in eine objektive
Unmöglichkeit bei der Umsetzung dieses Beschlusses." Daher seien
"Korrekturen des G-BA-Beschlusses erforderlich".

Diese Lobbyarbeit der DKG hatte inzwischen offenbar auch Erfolg:
Mit Schreiben vom 6. September 2013 beauftragte das
Bundesgesundheitsministerium jetzt den Gemeinsamen Bundesausschuss,
eine Regelung für "eine Abweichung von den vorgeschriebenen
Pflegeschlüsseln" zu prüfen.

Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach kritisierte im
Interview mit "Report Mainz", Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr
(FDP) sei gegenüber der Krankenhauslobby eingeknickt. Ein
verbindlicher Personalschlüssel für Frühchen-Stationen werde
unterlaufen, wenn nun doch wieder Ausnahmen erlaubt würden. "Diese
aufgeweichte Richtlinie würde in Wirklichkeit dann nicht mehr wirken.
Das ist eine unethische Bevorzugung der wirtschaftlichen Interessen
der Krankenhäuser gegen die Interessen der Kinder, um deren
Behinderung und Lebensqualität es hier geht", sagte Lauterbach. Die
Frühchenbehandlung sei für Krankenhäuser ein lukratives Geschäft,
deshalb dürfe ein besserer Pflegepersonalschlüssel nicht verhindert
werden. "Das ist wirklich kein Ruhmesblatt für die Deutsche
Krankenhausgesellschaft. Hier versucht man den Profit einiger
Krankenhäuser zu retten, zu Lasten der Kinder, die von
lebensbedrohlichen Behinderungen heimgesucht werden können", betonte
Lauterbach.

Auch Prof. Christian Poets, Ärztlicher Direktor der Neonatologie
an der Uniklinik Tübingen, kritisierte die Lobbyarbeit der Deutschen
Krankenhausgesellschaft mit Blick auf die G-BA-Richtlinie zur
Frühchenversorgung: "Es ärgert mich, dass hier schon wieder ein
Versuch, die Versorgung unserer kleinsten Patienten zu verbessern,
unterlaufen wird. Hier geht es um Kinderleben - und da dürfen keine
Kompromisse gemacht werden. Wir haben noch einige Jahre Zeit, um
qualifiziertes Personal auszubilden. Aber das kostet Geld, und das
wollen offenbar einige Kliniken nicht. Hier wird wieder bei den
schwächsten Menschen gespart, und das halte für nicht zulässig."

Viele Frühchen-Stationen in Deutschland sind unterbesetzt. "Man
hat da immer weiter gespart. Und das hat dazu geführt, dass heute
eine Pflegefachkraft auf einer Frühchen-Station im schlimmsten Fall
bis zu sechs Frühchen gleichzeitig versorgen muss in ihrer Schicht",
sagte Johanna Knüppel, Sprecherin des Deutschen Berufsverbands für
Pflegeberufe (DBfK) im Interview mit "Report Mainz". Dies sei
unverantwortlich, weil die Frühgeborenen einen hohen Pflegebedarf
hätten. Notwendig sei ein Pflegepersonalschlüssel von 1:1. Auch
Neonatologe Prof. Christian Poets erklärte, viele Frühchen-Stationen
in Deutschland seien unterbesetzt: "Das bedeutet ganz konkret, dass
es viele Stationen gibt, auf denen nur sehr wenige Schwestern tätig
sind, die diese Kinder versorgen, ein enormer Stress dadurch
herrscht, die Schwestern sehr belastet sind. Und das wiederum kann
dazu führen, dass das Kind Komplikationen erleidet, zum Beispiel
Infektionen zu spät erkannt werden, zum Beispiel Hirnblutungen eher
auftreten, möglicherweise auch Todesfälle eher auftreten."

Weitere Informationen unter www.swr.de/report. Zitate gegen
Quellenangabe "Report Mainz" frei. Fragen bitte an "Report Mainz",
Tel. 06131/929-33351.


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