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BERLINER MORGENPOST: Kein gebauter Einheitsbrei Isabell Jürgens über die Debatte zum Internationalen Congress Centrum

Geschrieben am 25-10-2013

Berlin (ots) - Die Berliner sind bereits daran gewöhnt, dass
öffentliche Bauvorhaben viel teurer werden als ursprünglich
veranschlagt. Als skeptische Großstädter, die sie nun einmal sind,
haben sie längst durchschaut, dass die Baukosten in der Anfangsphase
kleingerechnet werden, um sie politisch durchsetzen zu können. Das
gilt für den Großflughafen in Schönefeld genauso wie für die
BND-Zentrale in Mitte. Die Sanierung des Internationalen Congress
Centrums (ICC) lehrt uns nun eine ganz neue Variante dieses
altbekannten Spiels. Seit 2001 wird über die Kosten der Sanierung
dieses futuristischen Veranstaltungsraumschiffes gestritten, der
Senat beauftragte immer wieder neue Gutachten. Und die bescheinigten
immer höhere Kosten. Die ersten Schätzungen lagen noch bei 50
Millionen Euro, schließlich war von 400 Millionen Euro die Rede. Der
Verdacht, dass die Kosten künstlich hochgerechnet werden, um sich der
ungeliebten Immobilie durch Abriss zu entledigen, drängt sich auf.
Und erhält jetzt neue Nahrung durch ein Gutachten, wonach das ICC für
relativ kleines Geld zu sanieren ist. Doch wird es nun einen
Aufschrei in der Stadtgesellschaft geben, zur Rettung des ICC? Werden
Bürgerinitiativen, werden Architekten und Historiker endlich
engagiert dafür kämpfen, dieses einzigartige Bauwerk zu erhalten?
Wohl kaum. Das ICC, eines der markantesten Gebäude West-Berlins, hat
zwar international einen ausgezeichneten Ruf. Doch uns scheint es
inzwischen peinlich zu sein. Etwa weil der Kongress-Dampfer nicht
mehr aussieht, wie der Einheitsarchitekturbrei der letzten zwanzig
Jahre und deshalb genau so ein Fall für die Abrissbirne ist, wie das
Schimmelpfeng-Haus am Breitscheidplatz? Wir sollten uns der Narben,
die der Zweite Weltkrieg und die anschließende Teilung in der Stadt
hinterlassen haben, nicht schämen. Berlin darf seine uneinheitlichen
Stadtszenarien nicht leichtfertig vernichten. Gerade das
Nebeneinander völlig unterschiedlicher Baustile und Epochen macht
unsere Stadt so unverwechselbar. Natürlich wandelt sich der
Zeitgeschmack. Manches erscheint uns heute überflüssig bis hässlich -
und erweist sich mit dem Abstand einiger Jahrzehnte als erstaunlich
liebenswert. Wie die Berliner Gründerzeitquartiere. Diese hatte man
noch bis vor wenigen Jahrzehnten "abgeräumt" - oder ihnen zumindest
den Stuck abgeschlagen, weil der opulente Zierrat unmodern und
überladen wirkte. Solche Fehler sollten wir beim ICC nicht
wiederholen.



Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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