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BERLINER MORGENPOST: Ab in die zweite Reihe - Leitartikel

Geschrieben am 24-09-2013

Berlin (ots) - Es ist dann doch schneller gegangen, als mancher
erwartet hatte: Schon am Dienstag, zwei Tage nach der Bundestagswahl,
und nicht erst am Wochenende, nach dem kleinen Parteitag, ist die
Führungsspitze der Grünen zurückgetreten: Renate Künast, Claudia
Roth, Jürgen Trittin. Die drei erklärten, dass sie nicht mehr für ein
Spitzenamt in der Fraktion oder in der Partei kandidieren werden.
Richtig so.

Bei Trittin ist die Sache eindeutig: Er trägt die
Hauptverantwortung für das Wahldesaster der Grünen, weil er seine
Partei auf Steuererhöhungen verpflichtet hat und damit die Interessen
der Grünen-Anhänger komplett ignoriert hat. In den letzten Monaten
vertrat er ausschließlich die Interessen des linken Parteiflügels,
machte all das kaputt, was die Grünen in den vergangenen Jahren mit
ihrer Öffnung zur gesellschaftlichen Mitte oder zur Wirtschaft hin
erreicht hatten. Eigentlich hätte man sich die Rücktrittserklärung
schon am Sonntagabend gewünscht - nach diesem Wahlkampf und
angesichts der Rolle, die Trittin in der Pädophilen-Debatte spielt
und eingenommen hat.

Richtig ist auch die Entscheidung von Renate Künast, nun endlich
aus der Spitze auszuscheiden. Künast war, ganz ohne Frage, für die
Berliner Grünen viele Jahre lang wichtig. Nach der Gründung der
Alternativen Liste, in den Anfangsjahren der Grünen im
Abgeordnetenhaus, später dann als Fraktionsvorsitzende, auch als
Verbraucherschutzministerin in der ersten rot-grünen Bundesregierung.
Ihre Kandidatur für das Amt der Regierenden Bürgermeisterin in Berlin
- getragen von hohen Umfragewerten - war anfangs auch interessant und
wurde dann doch schnell zu einem Problem. Weil Künast die Berliner
Landespolitik und all die Themen nicht mehr kannte, weil sie auf ihre
Berliner Parteikollegen nicht hörte, sondern meinte, es selbst besser
zu wissen, weil sie zehn Tage vor der Wahl vor der SPD kapitulierte.
Wie bei der Bundestagswahl waren die Berliner Grünen auch bei der
Abgeordnetenhauswahl 2011 für ihre krachende Niederlage selbst
verantwortlich. Schon damals hätte Künast die Konsequenzen ziehen
müssen - aber sie blieb Fraktionschefin im Bundestag, sie wurde sogar
nochmals als Spitzenkandidatin der Berliner Grünen für die
Bundestagswahl aufgestellt. Was für ein Fehler das war, zeigt Künasts
Forderung nach einem Veggie-Day, die die Grünen einmal mehr als
Verbotspartei erscheinen ließ.

So sind die Rücktritte für die Grünen gut, weil sie einen
Neuanfang ermöglichen. Nur noch peinlich sind dagegen die
Ankündigungen von Künast und Claudia Roth, jetzt Vizepräsidentin des
Bundestags für die Grünen werden zu wollen. Das ist so durchschaubar:
Ein solcher Posten bringt mehr Geld, Dienstwagen und viele
Einladungen. Sollte eine von diesen beiden tatsächlich kandidieren,
kann man nur auf die Klugheit der anderen Parteien hoffen: Noch immer
ist auch die Wahl der Bundestagsvizepräsidenten geheim.



Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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