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Rheinische Post: Syrien und Russland müssen Farbe bekennen = Von Matthias Beermann

Geschrieben am 10-09-2013

Düsseldorf (ots) - Es sieht aus wie ein genialer Schachzug: Syrien
liefert seine C-Waffen ab, dafür fällt der angekündigte
US-Militärschlag gegen das Assad-Regime aus. Den gewaltigen Seufzer
der Erleichterung, der nach dem russischen Vorschlag durch die
westlichen Staatskanzleien zog, dürfte man bis Damaskus gehört haben.
Eine mögliche Strafaktion gegen Assad wegen des Giftgaseinsatzes
gegen die Zivilbevölkerung war schließlich nirgendwo populär. Der
zynische Wladimir Putin, der seinem mordenden Verbündeten Assad
bisher den Rücken freihielt, kann sich plötzlich als Friedensfürst
feiern lassen. Und Barack Obama, dem bei einer Abstimmung im Kongress
über den geplanten Militärschlag eine für den Rest seiner Amtszeit
möglicherweise fatale Niederlage drohte, bietet sich jetzt ein
unverhoffter politischer Notausgang. Der Triumph der Diplomatie hat
freilich seinen Preis. Denn als großer Gewinner steht bisher nur
einer fest: Baschar al Assad. Mit Verhandlungen über sein
Giftgas-Arsenal kann der Diktator den für sein Regime bedrohlichen
Militärschlag erst einmal verzögern, ihn womöglich sogar ganz
abwenden. Besser noch: Er zementiert in dieser Rolle als
Ansprechpartner für die internationale Gemeinschaft vermutlich auf
Jahre seinen Herrschaftsanspruch. Wer sonst in Syrien sollte die
Vernichtung der chemischen Kampfstoffe garantieren? Dabei ist noch
nicht einmal klar, ob Assad sein Teufelszeug wirklich vollständig
abliefern will. Der bisherige Umgang des Regimes mit
UNO-Kontrolleuren spricht nicht gerade dafür, und das Beispiel der
Atomverhandlungen mit dem Iran zeigt, wie lange man die
Weltgemeinschaft an der Nase herumführen kann. Genau das darf jetzt
nicht passieren. So verständlich die Erleichterung darüber ist, dass
ein Militärschlag mit unklaren Zielen und noch unklareren
Auswirkungen vermieden werden kann, so inakzeptabel wäre es, wenn
Assad mit einem Bluff davonkäme. Deswegen muss Syrien jetzt liefern,
und Russland muss ebenfalls Farbe bekennen. In einer UN-Resolution
könnte die Vernichtung der syrischen C-Waffen festgeschrieben werden.
Für den Fall der Nichterfüllung der Auflagen müsste der
Sicherheitsrat Zwangsmaßnahmen beschließen - militärische
eingeschlossen. Wenn Moskau sich wieder querstellt, wäre das der
endgültige Beleg dafür, dass alle UNO-Konventionen gegen
Kriegsverbrechen das Papier nicht wert sind, auf dem sie stehen.



Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2621


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