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"DER STANDARD"-Kommentar: "Ein Bildungsmosaik mit Lücken" von Sebastian Pumberger

Geschrieben am 13-08-2013

Das neue Regelwerk für das Lehrerdienstrecht schreibt die
alten Schwächen fort (ET 14.08.2013)

Wien (ots) - Manche Dinge werden in Österreich anders geregelt.
Mitten im Wahlkampf treffen sich der rote Bundeskanzler Werner
Faymann und Niederösterreichs schwarzer Landeshauptmann Erwin Pröll
auf einen Gemischten Satz beim Heurigen. Wenige Tage danach werden
Hochwasser- und Dürrehilfe, das Promotionsrecht für die Donau-Uni
Krems und der Entwurf für ein neues Lehrerdienstrecht vorgestellt.

Seit zwölf Jahren verhandeln diverse Regierungen mit der
Lehrergewerkschaft um ein neues Lehrerdienstrecht - bisher ohne
Erfolg. Nun reicht es der Regierung, das neue Dienstrecht geht ohne
Sanktus der Lehrervertreter in die Begutachtung. Es ist ein
einseitiger Beschluss, ein "Kulturbruch", wie es der oberste
AHS-Gewerkschafter, Eckehard Quin, ausdrückt.

In den langen und zähen Verhandlungsjahren war die Gewerkschaft
immer die starke Fraktion, schlussendlich hat sie sich aber
verspekuliert: Die ÖVP entzog ihr überraschend die Unterstützung.
Über Jahre hinweg galt die Lehrergewerkschaft als mächtigster Teil
der Beamtengewerkschaft, legendär das Sitzfleisch ihres langjährigen
Chefs Fritz Neugebauer. Als "Betonierer" gingen sie aus jeder
Verhandlung - ohne Dienstrecht. Die Machtbasis der Lehrervertreter in
der Volkspartei ist der ÖAAB. ÖVP-Funktionäre gingen der
Konfrontation mit ihr als einziger schwarz dominierter Gewerkschaft
über Jahre hinweg aus dem Weg.

Das ist schlagartig anders: Der nun beschrittene Weg ist ein Bruch
zwischen den Christgewerkschaftern und der ÖVP-Führungsriege, nicht
zuletzt seit Pröll die Gewerkschaftsführung hochoffiziell tadelte.
Ausgerechnet unter dem ehemaligen ÖAAB-Chef Michael Spindelegger wird
die Lehrergewerkschaft öffentlich zurechtgestutzt.

Dass Pröll gemeinsam mit Faymann beim Heurigen sitzt, kann
Spindelegger nicht egal sein. Dass der niederösterreichische
Landeshauptmann zusammen mit dem Bundeskanzler mitten im Wahlkampf
den Takt vorgibt, stellt offensichtlich die Führungsstärke eines
Parteichefs mit Kanzleranspruch infrage. Spindelegger sieht hier kein
Problem: "Pröll spielt eine Rolle wie in allen anderen Fragen." Genau
in diesem limitierten Spielraum liegt Spindeleggers Problem.

Die Regierung hätte das Dienstrecht auf dem nun eingeschlagenen
Weg schon vor Monaten beschließen können. Jetzt hilft der Wahlkampf.
Man kümmere sich darum, lautet die Botschaft - irgendwann im Herbst.

Die Verhandlungen dauerten lange, zu lange, und das aktuelle
Dienstrecht ist schon lange nicht mehr zeitgemäß. Aber auch im neuen
Regelwerk werden die Schwächen des heimischen Bildungssystems
fortgeschrieben. Anstatt die Chance zu nutzen, in der Reform der
Lehrerausbildung und des Dienstrechts die Kindergartenpädagogen
endlich Lehrerinnen und Lehrern gleichzustellen, bleibt die
frühkindliche Pädagogik auch nach dieser Legislaturperiode im
Hintertreffen der Bildungspolitik. Das ist eines der großen
Versäumnisse dieser Regierung - allen Forderungen nach Ausbau des
Kindergartenangebots in den Wahlprogrammen zum Trotz.

Einen "wichtigen Mosaikstein" nannte der Kanzler die
Dienstrechtsreform. Für ein einheitliches Bild müssen noch viele
Steine im Bildungsmosaik ausgetauscht werden - dafür müssen Faymann
und Pröll noch öfter zum Heurigen gehen. Vielleicht nehmen sie
Spindelegger das nächste Mal mit.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

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