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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Christian Kucznierz zu de Maiziere

Geschrieben am 31-07-2013

Regensburg (ots) - Polytetrafluorethylen ist ein ziemlich
interessantes Material. Wer kocht, kennt es als Antihaftbeschichtung.
Die sorgt dafür, dass selbst wenn einmal etwas anbrennt, nichts in
der Pfanne oder im Topf klebenbleibt. Aber nicht nur Köche kennen
Teflon. Auch in der Politik ist der Stoff ziemlich beliebt. Jüngstes
Beispiel ist Verteidigungsminister Thomas de Maizière. Aber es ist
nur einer von vielen, der antihaftbeschichtet ist. Großmeisterin der
Teflon-Methode ist Angela Merkel. NSA-Affäre? Bedauerlich, ärgerlich
und ganz schlecht im Wahlkampf. Merkel hat US-Präsident Barack Obama
die Meinung gesagt, wie man das unter Freunden so machen kann, aber
eigentlich ist das Sache des Innenministers. Der wiederum lässt das
an sich abperlen. Weil Abhören auch im Interesse der deutschen
Sicherheit ist. Und weil schließlich auch schon in Deutschland dank
NSA Anschläge verhindert werden konnten. Fünf könnten es gewesen
sein, sagte Hans-Peter Friedrich. Vielleicht mehr, vielleicht
weniger. Damit ist die Sache dann erledigt. Auch das
Euro-Hawk-Debakel kümmert die Kanzlerin nicht. Das ist ein Problem
des Verteidigungsministers. Und der ist Verteidigungsexperte, vor
allem in eigener Sache. Er habe erst spät von den Problemen erfahren,
sagte er zunächst. Nun hat er zugegeben, dass er schon eher von
Problemen wusste. Aber erst spät sei ihm die volle Tragweite
mitgeteilt geworden. Wie gut, wenn man in so einer Situation loyale
Mitarbeiter hat wie Verteidigungsstaatssekretär Stéphane Beemelmanns.
Der hatte die Schuld auf sich genommen, just einen Tag, bevor sein
Chef vor dem Untersuchungsausschuss zum Drohnen-Debakel aussagen
musste. Es war ziemlich brenzlig geworden für de Maizière. Es gibt
sehr wohl genügend Gründe für einen Rücktritt des
Verteidigungsministers. Weil es unwahrscheinlich ist, dass er nicht
wusste, was beim Prestige-Objekt Euro Hawk wirklich Stand der Dinge
war. Wusste er tatsächlich nicht genau Bescheid, müsste er gehen,
weil es nicht sein darf, dass er sein Haus so wenig im Griff hat. Und
alleine schon wegen seines Verhaltens in der Krise müsste er gehen.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass de Maizière seinen Rücktritt
angeboten hat. Doch die Kanzlerin hat mehrfach klargestellt, dass sie
vollstes Vertrauen in ihren Verteidigungsminister hat. Zwar hat das
in der Vergangenheit nicht immer viel zu bedeuten gehabt;
Karl-Theodor zu Guttenberg war schließlich auch mit dem vollsten
Vertrauen gesegnet. Aber wenige Wochen vor der Bundestagswahl ist
eine Kabinettsumbildung nicht im Interesse von Angela Merkel. Und so
sehr sich die Opposition auch müht: Sie kann dem
Verteidigungsminister nichts anhaben. Dass de Maizière, der lange als
integer und sogar als kanzlerfähig galt, sich selbst durch sein
Verhalten diskreditiert hat, steht auf einem anderen Blatt. Denn
eigentlich ist de Maizière nur Mittel zum Zweck. Es geht um die
Kanzlerin. Die SPD versucht seit Wochen verzweifelt, eine
Schwachstelle bei Merkel zu finden. Weil sie diese nicht findet,
sucht sie eine Etage tiefer und wird sogar fündig. Nur: De Maizière
wird nicht gehen. Er hat in bester Teflon-Manier den Schmutz auf eine
andere Stelle abtropfen lassen; ein Staatssekretär könnte als
Bauernopfer seinen Posten verlieren. Mehr nicht. Weil die Opposition
es nicht schafft, de Maizière aus dem Sattel zu heben, dürfte klar
sei, dass es äußert schwierig wird, Merkel bis Herbst politisch so
gefährlich zu werden, dass der erhoffte Machtwechsel klappt. Die
Kanzlerin hat bewiesen, dass sie etwas sehr Außergewöhnliches
entwickelt hat: eine Antihaftbeschichtung, die sogar kratzfest ist.
Die SPD und ihr Kanzlerkandidat Peer Steinbrück werden noch ziemlich
scharfe und aggressive Mittel auffahren müssen, wollen sie eine
Chance haben.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


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