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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zum Einfluss der EU auf die arabische Welt: Bewährungstest für Europa von Hanna Vauchelle

Geschrieben am 30-07-2013

Regensburg (ots) - Der Einfluss der EU auf die arabischen Staaten
war bislang gering. Das könnte sich nun ändern.

Auf dem glitschigen EU-Parkett erfährt Catherine Ashton oft Spott
und Häme. Sie verfüge über keinerlei diplomatische Erfahrung und habe
den Posten der EU-Außenbeauftragten nur aus Proporz-Gründen bekommen.
Was unter den hauptsächlich männlichen Brüsseler Diplomaten
getuschelt wird, beeindruckt ausgerechnet in der arabischen Welt
niemanden. Dort hat sich Ashton mit ihrer leisen Art einen Namen als
gute Verhandlerin gemacht. In Ägypten profitiert sie nun davon. Als
einzige ausländische Vermittlerin hat die Britin Zugang zu allen
politischen Kräften - es ist eine Herausforderung und zugleich eine
Chance für die EU. Ägypten, Tunesien und vor allem das
Bürgerkriegsland Syrien: Die Umbrüche in der arabischen Welt haben
Europa aufgeschreckt. Seit Beginn der Revolten tut man sich schwer
mit einem gemeinsamen Vorgehen. Dabei hätte der Grundstein dafür im
Rahmen der Mittelmeerpolitik gelegt werden sollen. Doch die vom
damaligen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy mit viel Pomp
eingeweihte Mittelmeer-Union ist tot. Von Anfang an kam das Projekt
aufgrund von Streitigkeiten unter den Anrainern nicht in die Gänge.
Dieser Misserfolg fiel auf die EU zurück: Der Einfluss auf die
Konfliktparteien in den arabischen Staaten war bisher verschwindend
gering. Die Mitgliedsstaaten haben sich in den vergangenen Jahren
selbst viel zu zerstritten präsentiert. Von einer gemeinsamen
Außenpolitik konnte keine Rede sein. Doch das könnte sich nun mit
Catherine Ashtons Auftritt in Ägypten ändern. Gelingt es der EU dort
zur Entspannung der Lage beizutragen oder gar einen Bürgerkrieg zu
verhindern, wird sie endlich ganz oben mitspielen. Die Gemeinschaft
hätte ihren angestrebten Platz als politischer Akteur im globalen
Wettlauf mit den USA. Doch diese Bewährungsprobe muss erst noch
bestanden werden. In Ägypten ist Catherine Ashtons Ruf als
Vermittlerin Europas einziger Trumpf. Denn über ein wirkliches
Drohmittel, mit dem die Streitparteien an einen Verhandlungstisch
gezwungen werden können, verfügen die 28 Staaten nicht. Während die
USA versuchen, das ägyptische Militär durch Einfrieren von
Kriegsgerät-Lieferungen zum Einlenken zu bringen, bleibt den
Europäern nur die Waffe des Wortes. Dabei ist Ashtons stille
Diplomatie in der aktuellen Krise umso wichtiger. Schließlich war es
die ägyptische Übergangsregierung selbst, welche um die Hilfe der
Außenbeauftragten gebeten hat. Das ist schon ein Erfolg. Die viel
gescholtene europäische Außenpolitik ist seit Beginn des arabischen
Frühlings gereift. Und dennoch wirft sich die Union immer wieder
selbst Steine in den Weg. Das liegt nicht nur am immer noch im Aufbau
befindlichen Auswärtigen Dienst der EU, sondern auch am
Selbstverständnis der großen Mitgliedsstaaten. So haben
Großbritannien und Frankreich immer noch ein Problem damit, sich in
der Gemeinschaft unterzuordnen. Der interne Streit der EU über
Waffenlieferungen an die syrischen Rebellen war nur das jüngste
Beispiel. Und in Mali griff Paris gleich auf eigene Faust ein. Nicht
weniger problematisch ist das Vorgehen Deutschlands. Ausgerechnet
Europas Schwergewicht hält sich vornehm aus allem heraus, was ein
größeres Engagement mit sich bringen könnte. Europas Einsatz als
Vermittlerin in Ägypten ist deshalb auch für die Gemeinschaft eine
große Chance. Denn dieses Mal stehen die Mitgliedsländer geschlossen
hinter den Bemühungen. Daraus muss nun ein strategischer Konsens
erwachsen. Wenn es um die großen Fragen der Weltpolitik geht, muss
die EU Antworten parat haben.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


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