(Registrieren)

DER STANDARD-Kommentar: "Hochnervöse Volkspartei" von Günther Oswald

Geschrieben am 22-07-2013

"Unternehmensbesteuerung ist nicht das Problem, sondern die
VP-Klientelpolitik"; Ausgabe vom 23.07.2013

Wien (ots) - Fast könnte man meinen, Finanzministerin Maria Fekter
und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner würden zwei
verschiedenen Parteien angehören. Während die Erste den Steuerausfall
und den Verlust von Arbeitsplätzen infolge von Betriebsabsiedlungen
beklagt, lobte der Zweite noch vor wenigen Monaten die konstant hohe
Zahl an Betriebsansiedlungen in Österreich und den "ausgesprochen
attraktiven"Wirtschaftsstandort. Dramatisch verschlechtert haben sich
die Rahmenbedingungen in den vergangenen Monaten natürlich nicht.
Worauf die scheinbar unvereinbaren Positionen zurückzuführen sind: Es
ist Wahlkampf, und die ÖVP ist offenbar hochnervös, dass die
Faymann'schen Reichensteuern beim Wahlvolk besser ankommen als das
wenig greifbare Versprechen einer "Entfesselung"der Wirtschaft (Zitat
ÖVP-Parteichef Michael Spindelegger) oder die wenig beliebte Erhöhung
des Pensionalters für Frauen. Es wäre aber zu einfach, den sich
nähernden Wahltermin als Totschlagargument gegen die von Fekter
gestartete Debatte zu verwenden. Daher zur Sache: Ja, Österreich
zählt zu jenen Staaten mit der höchsten Abgabenquote. Allerdings: Das
ist schon länger der Fall und hat die Konzerne auch bisher nicht
davon abgehalten, sich anzusiedeln und Arbeitsplätze zu schaffen.
Denn, und auch das weiß Fekter natürlich: Die Unternehmensbesteuerung
ist in Österreich mit 25 Prozent recht moderat, die effektive
Steuerlast ist sogar noch deutlich niedriger. In Westeuropa weisen
nur (das dafür viel gescholtene Irland) und das Nicht-EU-Land Schweiz
niedrigere Steuersätze auf. Auch die seit Jahren schwelende
Diskussion über die Gruppenbesteuerung, die Konzernen das
Gegenrechnen von Auslandsverlusten ermöglicht, ist mehr von Emotionen
denn von Fakten geprägt. Zum einen fordert nicht einmal die
Arbeiterkammer die ersatzlose Abschaffung, zum anderen müsste es
ureigenstes Interesse einer Finanzministerin sein, bestehende Lücken
im System zu schließen. Zur Erinnerung: Der jüngste
Rechnungshofbericht förderte dramatische Kontrolldefizite bei der
Gruppenbesteuerung zutage. Was Österreich also interessant macht,
sind andere Dinge: Die gutausgebildeten Arbeitskräfte, stabile
politische Verhältnisse, die Infrastruktur und die noch immer
gegebene Produktivität der Betriebe. Diese Assets zu verteidigen
sollte sich Fekter auf die Fahnen heften.

Eine weitere Erhöhung der Lohnnebenkosten, gegen die es in der
laufenden Regierungsperiode auch von ÖVP- und Wirtschaftskammer-Seite
wenig Widerstand gab, ist hier eher kontraproduktiv als eine
Scheindebatte über Reiche. Diese wird letztlich wohl ohnehin nur in
einer Wiedereinführung der Erbschaftssteuer münden, der man im Sinne
der Chancengleichheit der nächsten Generation auch aus ÖVP-Sicht
eigentlich einiges abgewinnen müsste. Lieber konzentrierte man sich
bei den Schwarzen bisher aber auf klassische Klientelpolitik - für
die Landwirte, für die Banker, für alteingesessene Kammerfunktionäre.
Hätte Michael Spindelegger den Slogan "Entfesselung der
Wirtschaft"schon in seinen ersten Jahren als Vizekanzler ernst
genommen, müssten sich seine Minister Fekter und Mitterlehner nicht
in aller Öffentlichkeit widersprechen und den Eindruck einer Partei
ohne Konzept hinterlassen.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

*** OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER
INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT ***


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

476161

weitere Artikel:
  • BERLINER MORGENPOST: Die Staatskassen sind gut gefüllt Leitartikel von Jochim Stoltenberg zu den Steuereinnahmen von Bund und Ländern im ersten Halbjahr Berlin (ots) - Warum nicht mal was Positives?! Die Steuereinnahmen in Deutschland verbuchen schon wieder einen neuen Rekord. Nach dem jüngsten Monatsbericht des Bundesfinanzministeriums nahmen Bund und Länder im gerade beendeten ersten Halbjahr 277 Milliarden Euro ein - 3,5 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum 2012. Von wegen armer Staat. Aber das ist nicht die eigentlich frohe Botschaft. Die ist darin zu finden, dass die klingenden Kassen im Bund und in den Ländern von einer erfreulich starken Wirtschaftsentwicklung und in Folge mehr...

  • Neue Presse Hannover: EU setzt Hisbollah auf terrorliste Hannover (ots) - Die EU setzt die libanesische Hisbollah-Miliz auf ihre Terrorliste. Ihre Konten werden eingefroren, die finanzielle Unterstützung verboten. Was für eine energische Haltung. Die Mitgliedsländer haben sich viel Zeit damit gelassen. Schon 2005 - sieben Jahre vor dem Anschlag auf israelische Touristen in Bulgarien, der jetzt als Anlass diente - erkannte das EU-Parlament "eindeutige Beweise für terroristische Aktivitäten seitens der Hisbollah". Aber lange überwog die Sorge, eine Ächtung der dort starken Hisbollah könne mehr...

  • Märkische Oderzeitung: schreibt zu de Maizière und "Euro Hawk"-Affäre: Frankfurt/Oder (ots) - Man darf wohl annehmen, das Thomas de Maizière die Legislaturperiode im Amt des Verteidigungsministers noch überstehen wird. Dafür ist der Termin der Bundestagswahl viel zu nah, als dass sich die Kanzlerin eine weitere spektakuläre Entlassung eines Kabinettsmitgliedes leisten könnte. Sie beträfe diesmal eine Persönlichkeit, die bis vor kurzem noch zu den wenigen Leistungsträgern in Merkels Team gehörte. Thomas de Maizière war schon fast alles: Staatssekretär und Leiter der Staatskanzlei in Mecklenburg-Vorpommern, mehr...

  • Märkische Oderzeitung: schreibt zum neuen Elektroauto von BMW: Frankfurt/Oder (ots) - BMW traut sich etwas: Der Autohersteller setzt mit vollem Einsatz auf die Elektromobilität. Dabei führt die bisher, allen Sonntagsreden und Zielen der Bundesregierung zum Trotz, ein Nischendasein: 2012 wurden in Deutschland 3000 Elektroautos verkauft - ein Tausendstel aller Neuzulassungen. Nun aber kommt der BMW i3. Und das ist kein Elektro-Rennwagen oder notdürftig umgebauter Kleinwagen, sondern ein voll auf Strom eingestellter, praktischer Stadtwagen - zu einem Preis, der angesichts der teuren Batterien und mehr...

  • Westdeutsche Zeitung: Der Staat nimmt mehr Steuern ein = von Peter Lausmann Düsseldorf (ots) - Wenn ein Finanzministerium von "erstaunlich robusten" Steuereinnahmen spricht, heißt das im Klartext: Es ist mehr als wir erwartet haben. Man kann die Aussage aber auch so interpretieren: Es ist mehr als wir verdient haben. Denn noch immer hat der Bürger das Gefühl, dass in den Haushalten viel Sparpotenzial verschenkt wird, dass neue Schulden weiter normal sind. Mehr noch: Steigende Einnahmen motivieren nicht, sie mindern gar den Sparwillen. Dabei müsste es genau andersherum sein. Für 2014 soll die Neuverschuldung mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht