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BERLINER MORGENPOST: Chance für die Demokratie vertan Joachim Fahrun über den Umgang des Senats mit dem Volksentscheid Energie

Geschrieben am 16-07-2013

Berlin (ots) - Rechtlich ist alles in Ordnung. Natürlich darf der
Senat den Termin für den Volksentscheid zur künftigen Energiepolitik
auf den 3. November ansetzen, dem letzten Tag der vorgeschriebenen
Frist. Die Bürger sollen offiziell informiert werden über die Inhalte
der Abstimmung. Und die Verwaltung, die tief in den Vorbereitungen
für die Bundestagswahl steckt, wäre zu stark gefordert, auch noch
einen Volksentscheid parallel zum Wahltermin am 22. September zu
organisieren. Dennoch hinterlässt der Umgang der großen Koalition mit
dem von 230.000 Berliner Bürgern per Unterschrift unterstützten
Anliegen einen schalen Beigeschmack. Die Erfolgsaussichten des
Volksentscheides sinken deutlich, weil sich an einem eigenen Termin
weniger Bürger beteiligen werden. Es geht zunächst gar nicht darum,
ob man es sinnvoll findet, dass die Stadt ihr Stromnetz wieder in
Eigenregie betreiben und ein Stadtwerk zur Produktion und zum
Vertrieb von erneuerbaren Energien aufbauen sollte. Das wollen neben
der Opposition die meisten Sozialdemokraten. Auch die CDU hat sich in
dem Koalitionskompromiss grundsätzlich für diesen Weg ausgesprochen.
In Meinungsumfragen unterstützt eine breite Mehrheit der Bürger das
Ziel des Energietisches. Dabei gibt es gute Gründe, dagegen zu sein.
Es bestehen berechtigte Zweifel an den Managementkompetenzen der
Berliner Politik, um die Risiken einzugehen, die eine Übernahme des
Stromnetzes und der Aufbau eines Stadtwerkes mit sich bringen. Wer
das nicht vernünftig macht, steuert vielleicht in den Blackout oder
muss Millionenbeträge zuschießen. Diese Gefahren müssten abgewogen
werden gegen mögliche Vorteile. Denn der Netzbetreiber darf zum
Beispiel nicht erneuerbare Energien bevorzugen. Die Renditen werden
von der Bundesnetzagentur vorgeschrieben. Und soziale Stromtarife
stehen eben auch im Widerspruch zu dem Ziel, Profite für die
Landeskasse zu erwirtschaften. All das sind Argumente, die der Senat
vorbringen könnte, um die Bürger im Volksentscheid auf seine Seite zu
ziehen, gegen die Rekommunalisierung. Aber eine solche klare
Auseinandersetzung gibt es nicht, weil zumindest große Teile der SPD
im Kern den Energietisch unterstützen. Sie sehen lieber die Chancen:
demokratische Kontrolle für einen wichtigen Bereich der
Infrastruktur, Mitgestaltung der Energiewende, Millionen-Gewinne, die
andernorts Stadtwerke und Netzbetreiber an ihre Kämmerer überweisen.
Wegen dieser internen Meinungsverschiedenheiten versucht der Senat,
die Aktivisten ins Leere laufen zu lassen. Wieder einmal entsteht so
der Eindruck, dass die Politik zwar in Sonntagsreden direkte
Demokratie lobt. Wenn es ernst wird, tut die große Koalition jedoch
wenig, um eine breite Teilnahme zu ermöglichen. Mit gutem Willen wäre
es möglich gewesen, Volksentscheid und Bundestagswahl
zusammenzulegen. Das wäre ein souveränerer Umgang mit einer
Volksinitiative gewesen. Diese Chance hat Rot-Schwarz vertan.



Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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