(Registrieren)

BERLINER MORGENPOST: Hellersdorf ist eine richtige Wahl / Leitartikel von Jochim Stoltenberg

Geschrieben am 10-07-2013

Berlin (ots) - Neben all seinen Potenzialen hat Berlin reichlich
Probleme. Eines ist seine Attraktivität auch für Asylbewerber. Bis
zum Ende ihres Aufnahmeverfahrens müssen sie in Unterkünften
untergebracht werden, die in Berlin Mangelware sind. Rund 1200 Plätze
fehlen, um die in den vergangenen Monaten verstärkt einreisenden
Flüchtlinge angemessen zu beherbergen. Um die menschliche Not zu
lindern und gleichzeitig der Asylgesetzgebung gerecht zu werden, soll
in Marzahn- Hellersdorf eine solche Unterkunft in einem seit Jahren
leer stehenden ehemaligen Gymnasium eingerichtet werden. Das ist aus
gleich mehreren Gründen vernünftig. Angesichts der Umverteilung der
Asylsuchenden auf die Bezirke hat Marzahn-Hellersdorf Nachholbedarf.
Der Bezirk erreicht gerade mal eine Quote von 2,4 Prozent oder 149
von berlinweit 6136 Plätzen. Der betreffende Ortsteil ist kein
sozialer Brennpunkt, und schließlich wird ein öffentliches Gebäude
wieder einer sinnvollen Nutzung zugeführt. Löblich zudem, dass nach
der Einigung zwischen Senat und Bezirk zu einer Bürgerversammlung
geladen wurde, um über das geplante Asylantenheim aufzuklären und den
Anwohnern wohlbekannte Sorgen und Ängste zu nehmen. Dass sich daraus
eine lautstarke Konfrontation entwickelte, die in fremdenfeindliche
Hasstiraden gipfelte, ist dagegen skandalös. Es war eine bewusst
gesuchte Aktion, die sich zusätzlich aufschaukelte, weil Anhänger der
rechten Szene einschließlich des Berliner NPD-Vorsitzenden einerseits
und der linken Szene andererseits aus ganz Berlin nach Hellersdorf
marschiert waren, um ihr jeweiliges undemokratisches Gebräu
herauszubrüllen. Das darf sich die Stadt nicht gefallen lassen. Das
Asylrecht und in Folge ein faires individuelles Prüfungsverfahren
wird in unserer Verfassung - Artikel16a - garantiert. Darüber dürfen
sich Rechtsextremisten nicht hinwegsetzen. Es ist aber ebenso wenig
zu akzeptieren, dass Linke und Linksextremisten eine
Bürgerversammlung zu einer Auseinandersetzung mit ihrem politischen
Gegner missbrauchen. Jeder ausländerfeindlichen Parole ist Widerstand
entgegenzubringen. In Fragen des täglichen Miteinanders ebenso wie im
gesellschaftspolitisch nicht unumstrittenen Umgang mit dem Asylrecht.
Das bedeutet aber auch, dass sich nach hiesigem Recht und Gesetz die
zu richten haben, die aus persönlicher Not zu uns kommen. Was die
Hungerstreikenden in München erpressen wollten und die Flüchtlinge am
Kreuzberger Oranienplatz noch immer ultimativ verlangen, sind
Sonderrechte, die kein Rechtsstaat einräumen darf. Und es sind
provozierende Aktionen, die unberechtigten Vorurteilen gegenüber
Asylbewerbern insgesamt Vorschub leisten. Im Übrigen: So
unmenschlich, wie von Aktivisten unterstellt, kann Deutschland nicht
sein. Im vergangenen Jahr erbaten 77.500 Flüchtlinge Asyl in unserem
Land. Das waren ein Fünftel aller Asylsuchenden in den 27 EU-Staaten
und damit die bei Weitem höchste Zahl innerhalb der Gemeinschaft.



Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

474335

weitere Artikel:
  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Besoldung von NRW-Beamten Bielefeld (ots) - Keine Frage: Alle Beamten, die am Mittwoch symbolisch ihr letztes Hemd vor dem Landtag aufgehängt haben, verfügen daheim über mindestens zwei weitere Oberhemden, Krawatten und Jacketts. Die mittleren und höheren Staatsdiener werden auch künftig ohne Ärmelschoner auskommen, obwohl sie im Zeitraum von 2005 bis 2014 bei Besoldungsanpassungen fünfmal fast oder ganz leer ausgegangen sein werden. Die Debatten vor und im Landtag drehten sich allerdings keineswegs um ein Luxusproblem, sondern schlicht und einfach um Gerechtigkeit, mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Tabakwerbeverbot Bielefeld (ots) - Es gibt keinen vernünftigen Grund, der gegen ein Verbot von Tabakwerbung spricht. Die Gefahren des Konsums sind bekannt. Warum sollte für so ein Produkt geworben werden dürfen? Weil die Tabakindustrie Gewinn machen will. Und deren Lobby ist stark. Das darf einen Staat aber nicht interessieren. Soweit leider nur die Theorie. In einigen Ländern sind der Versand von Gratis-Zigaretten per Post oder Tabakwerbung im Fernsehen Alltag. Auch in Deutschland traut sich niemand an die bislang erlaubte Plakatwerbung heran. Dabei mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Merkels Stellungnahme zum Abhörskandal Bielefeld (ots) - »Ich habe von nichts gewusst«: Auf diesen Kernsatz lässt sich die lang ersehnte Stellungnahme von Kanzlerin Angela Merkel zum Abhörskandal reduzieren. Das Gegenteil wird ihr niemand beweisen können. Denn so läuft es nun einmal in den Machtzentren dieser Welt: Für Geschäfte in der politischen oder juristischen Grauzone sind tatkräftige Macher zuständig, die notfalls als Sündenbock in die Wüste geschickt werden können. Der vage Verweis auf das Kanzleramt sollte nicht dahingehend missverstanden werden, dieses Schicksal mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Wissenschaft / Gesellschaft / Geburten Osnabrück (ots) - Langer Atem Wer sich für Kinder entscheidet, möchte ihnen etwas bieten können. Kaum jemand setzt Nachwuchs in die Welt, wenn er nicht weiß, wovon er die nächste Miete bezahlen soll. Keine Überraschung also, dass die Wirtschaftskrise in Europa eine Delle in der Geburtenstatistik hinterlassen hat. Gerade als die Europäer in vielen Ländern die Lust aufs Kinderkriegen wiederentdeckten, funkte die Rezession dazwischen. Danach hat sich der Aufwärtstrend bei den Geburtenraten abgeschwächt oder gar ins Gegenteil mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Luxemburg / Regierung Osnabrück (ots) - Angeschlagen Gefühlte tausendmal hat man ihn glänzenden Staatskarossen entsteigen sehen, immer wieder stand er im Zentrum der europäischen Politik: Jean-Claude Juncker hat sich ohne jeden Zweifel um Europa verdient gemacht. Dutzende von Auszeichnungen belegen dies, darunter der renommierte Karlspreis der Stadt Aachen. Und doch ist auch "Mister Euro" nicht ohne Fehl und Tadel. So viel steht fest: In der Affäre um illegale Abhöraktionen in Luxemburg hat Juncker die Zügel viel zu lange schleifen lassen. Der mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht