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BERLINER MORGENPOST: Einsatz mit tödlichen Folgen - Leitartikel von Christine Richter

Geschrieben am 29-06-2013

Berlin (ots) - Genau 91 Schüsse hat die Berliner Polizei im
vergangenen Jahr abgegeben - davon drei auf Menschen, 61 auf Tiere.
Die übrigen waren Warnschüsse oder Schüsse, die sich beim Reinigen
der Waffe lösten. Am vergangenen Freitag schoss ein Berliner Polizist
wieder - auf einen nackten, verwirrten Mann, der im Neptunbrunnen in
der Nähe des Roten Rathauses mit einem Messer bewaffnet war, sich
selbst verletzte und auch die alarmierten Polizisten bedrohte. Der
Mann, 31 Jahre alt, wurde von dem Schuss tödlich getroffen. Ein
wirkliches Drama.

So stellen sich viele Fragen, ob der Einsatz der Schusswaffe
wirklich nötig war. Hätte der Mann von den erfahrenen Polizeibeamten
nicht anders gestoppt werden können? Warum ist der Polizist überhaupt
in den Brunnen gestiegen? Hat er sich damit nicht selbst in diese
gefährliche Situation gebracht, die Notwehrsituation geradezu
provoziert? Und wenn der Polizeibeamte zu der Einschätzung kam, dass
der 31-Jährige, der sich mit dem Messer offensichtlich in
Suizidabsicht selbst verletzte, nur durch einen Schuss aufgehalten
werden konnte, warum schoss der Beamte dann nicht in dessen Bein? Auf
dem im Internet veröffentlichten Video ist deutlich zu sehen, dass
die Waffe immer auf den Oberkörper gerichtet war.

Völlig zu Recht diskutieren Politiker aller Parteien und die
Polizeigewerkschaften jetzt über die Verhältnismäßigkeit des
Einsatzes. Denn neben der Schusswaffe können Polizisten ja
Pfefferspray einsetzen, um den verwirrten Mann zur Räson zu bringen.
Auch mit einem Elektroschocker hätte der Mann vielleicht überwältigt
werden können - allerdings nicht, wenn der Polizeibeamte selbst im
Wasser steht. Und auch das muss man bei diesem Fall bedenken: Dieser
Taser-Einsatz ist in Berlin bislang nur dem Spezialeinsatzkommando
(SEK) erlaubt. Mit Worten, das allerdings ist schon am Freitag klar
geworden, war der Mann im Neptunbrunnen nicht mehr zu stoppen. Und
weil er sich mit dem Messer ja schwere Verletzungen, auch am Hals
zufügte, mussten die Polizeibeamten schnell handeln.

Der Fall muss nun von der Polizei und Staatsanwaltschaft
untersucht werden. Gründlich, darauf hat auch der Polizeibeamte einen
Anspruch. Die Fragen werden also nicht morgen oder übermorgen
beantwortet sein. Sie zu stellen, ist aber legitim. Genauso wie die
Debatte darüber, ob man das Video mit dem Todesschuss auf der
Internet-Plattform Facebook veröffentlichen durfte. Die einen finden
es in Ordnung, weil im Fernsehen, auch in aktuellen
Nachrichtensendungen oder im Kino viel schlimmere Szenen zu sehen
sind. Für die anderen sind die Bilder, auf denen ein Mann beim
Sterben zu sehen ist, menschenverachtend. Es wäre sicherlich gut,
wenn diejenigen, die Fotos und Videos posten, sich der Würde des
Menschen erinnern und solche Bilder gar nicht ins Internet stellen,
sondern selbst schnell wieder löschen. Und für Facebook & Co gilt:
Kontrollen verbessern, dringend.



Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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