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BERLINER MORGENPOST: Die Mängel lagen offen zutage; Claus Christian Malzahn über den Verteidigungsminister und die Drohnen-Beschaffung

Geschrieben am 05-06-2013

Berlin (ots) - Verteidigungsminister stehen in der Bundesrepublik
seit jeher unter besonderer Beobachtung. Das Amt scheint nicht sehr
beliebt, und es liebt seinen Inhaber nicht. Viele von ihnen waren
mehr damit beschäftigt, ihre eigene Verteidigung als die des Landes
zu organisieren: Franz Josef Strauß trat nach der "Spiegel"-Affäre
zurück, Rudolf Scharping wurden enge Verbindungen zu einem
umstrittenen PR-Berater zum Verhängnis. Franz Josef Jung gab wegen
des Bombardements auf den afghanische Kundus auf. Der Absturz von
Karl-Theodor zu Guttenberg ist inzwischen legendär und bot sogar
Stoff für unterhaltsame Fernsehkomödien. Und nun kommt auch noch
Thomas de Maizière ins Trudeln, ein Mann, der bisher als Staatsdiener
par excellence galt. De Maizière hat die Drohnen, die den
Steuerzahler nun über 400 Millionen Euro kosten werden, zwar nicht
bestellt. Aber abbestellt hat der CDU-Politiker sie auch nicht. Genau
darum geht es jetzt: Hätte der Verteidigungsminister früher die
Notbremse ziehen und dem Fiskus eine Menge Geld und seiner
schwarz-gelben Bundesregierung eine peinliche Schlappe ersparen
können? De Maizière ist in seiner bisherigen politischen Karriere nie
kleinlaut aufgetreten, er präsentierte sich gern als zuweilen kurz
angebundener, aber entscheidungsstarker Macher. Er galt als der
Preuße im Kabinett, auf den man sich immer verlassen kann. Dass er
nun die Verteidigung in eigener Sache damit eröffnet, er sei von
seinen Beamten in der Drohnensache "unzureichend eingebunden" und
ebenso mangelhaft informiert worden, wirkt deshalb ziemlich lau. Zwei
eiserne Regeln aus dem Lehrbuch für Führungskräfte lauten: Erstens
kann man Verantwortung nicht delegieren, zweitens sucht man die
Fehler zunächst bei sich selbst. So hat sich de Maizière am Mittwoch
nicht verhalten. Immerhin machte sich der Verteidigungsminister auf
der Bundespressekonferenz dann doch einen "Vorwurf an mich selbst".
Künftig will er interne Vorgänge "besser organisieren" und "Mängel
abstellen". Was man eben so sagt, wenn Fliegeralarm im Ministerium
herrscht. Diese Mängel lagen aber schon offen zutage, als de Maizière
das Amt vor mehr als zwei Jahren übernahm. Sie waren sogar im
sogenannten Weise-Papier schriftlich aufgelistet worden. Vor allem
der Bereich der Rüstungsbeschaffung galt seit Jahren als dringend
reformbedürftig. Geschehen ist dennoch nicht viel, manche sagen: gar
nichts. Das wird sich nun vermutlich ändern. Das Chaos ist ja nicht
mehr zu übersehen. Thomas de Maizière trägt daran keine Hauptschuld -
aber ein unbeteiligter Zuschauer war er als Behördenchef natürlich
auch nicht. Das hätte man auch von ihm selbst gerne so gehört. Ein
Rücktritt wäre gleichwohl übertrieben. Der vierte Personalwechsel an
der Spitze des Verteidigungsministeriums in einer Legislaturperiode
wäre den Interessen der Behörde und des Landes kaum dienlich. Jetzt
muss sichergestellt werden, dass sich so ein Murks, ob mit Drohnen
oder anderem Gerät, nicht noch einmal wiederholt.



Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de


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