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Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR SPD wird 150 Jahre alt Partei des Aufstiegs THOMAS SEIM

Geschrieben am 22-05-2013

Bielefeld (ots) - Heute feiert die älteste Partei Deutschlands
ihren Geburtstag. Die SPD wird 150 Jahre alt. Sie hat zwei Weltkriege
überstanden. Sie hat große Siege bei Wahlen gefeiert und bittere
Niederlagen kassiert. Sie hat Deutschland 1918 aus der Monarchie in
die erste Republik geführt, als einzige Partei dem
Ermächtigungsanspruch des Hitler-Faschismus widerstanden und so den
Deutschen die Chance für einen ehrbaren Neuanfang erhalten. Sie hat
mit Willy Brandt den Eisernen Vorhang des Kalten Krieges geöffnet und
mit dem "Wandel durch Annäherung" die deutsche Wiedervereinigung
vorbereitet. Sie hat das Land mit Helmut Schmidt durch die
Herausforderung des Terrorismus geführt und mit dessen europäischer
Gipfel-Diplomatie die Grundlagen für das Friedenswerk der
europäischen Einheit gelegt. Sie hat mit Gerhard Schröder den
Sozialstaat reformiert und damit die Basis der aktuellen
wirtschaftlichen Stabilität geschaffen. Es macht die SPD aus, dass
sie stets mit sich ringt um den richtigen Weg, meist im öffentlichen
Streit. Ihr Weg ist nicht frei von Widersprüchen: Sie ist
Friedenspartei - aber stimmt 1914 den Kriegskrediten zu und führt die
Bundeswehr in den ersten Krieg. Sie ist sozialistische Partei, aber
bringt mit ihrem Kanzler Schröder zugleich die Hartz-Gesetze auf den
Weg, die die schärfsten Einschnitte in das Sozialsystem der
Bundesrepublik bedeuten. Sie ist Partei der Freiheit, aber in ihre
Regierungszeit fallen Radikalenerlass und Kontaktsperregesetze. Der
Streit um die Sache, das Ringen um den richtigen Kurs ist das
Markenzeichen der SPD. Nur im Streit wird die Korrektur des Falschen
möglich. In der Ruhe liegt keine Kraft. Je ruhiger die Demokratie vor
sich hin vegetiert, desto besorgter muss man über ihren Zustand sein.
Der Streit ist ein Vater der Demokratie. Aber die SPD scheint sich
damit auch oft zu blockieren. Die aktuelle Troika an der Spitze mit
Parteichef Gabriel, Kanzlerkandidat Steinbrück und Fraktionschef
Steinmeier scheint sich vor allem aufs Stolpern durch die Geschichte
zu konzentrieren - ganz gleich, ob Steinmeier, der vor Monaten durch
seinen Rückzug von einer möglichen Kanzlerkandidatur die Troika
unvorbereitet in die Kandidatendebatte stürzte, oder Kandidat
Steinbrück mit seinen Vortragshonoraren oder Parteichef Gabriel mit
einer unwirklich wirkenden Tempo-120-Debatte zur Unzeit. An der
historischen Rolle und den Verdiensten und Aufgaben der SPD aber
ändern diese Verwerfungen des Alltags nichts. Der große Soziologe und
Liberale Ralf Dahrendorf hat der SPD mit seiner These, das
sozialdemokratische Jahrhundert sei vorbei, gewissermaßen den Boden
zu entziehen versucht. Ihre Kraft sei verbraucht, weil auch die
bürgerlichen Parteien sozialdemokratisiert und die soziale Frage
damit erledigt sei. Dahrendorfs These liegt ein großes Missverstehen
der sozialdemokratischen Idee zugrunde. Die SPD war stets die Partei
des Aufstiegs. Sie ist, aus ihrer Geschichte abgeleitet,
gewissermaßen ein natürlicher Partner für das klein- und
mittelständische Gewerbe und seinen auf Selbständigkeit und
Eigeninitiative gründenden Erfolg. Die SPD war nie eine Partei der
Gleichmacherei, sondern eine der Gleichheit der Chancen. Sie hatte -
überspitzt gesagt - nie etwas gegen die "erste Klasse", sie forderte
nur die Privilegien dieser Klasse als Chance für jedes Individuum,
gleich welcher Herkunft. Dies ist der große Unterschied zu jüngeren
Parteien, die ihre Kernkompetenz vor allem darin definieren,
Privilegien zu verteidigen. 150 Jahre ist die SPD nun alt und hat
viel erreicht. Soziale Gerechtigkeit und politische Gleichheit sind
ein gutes Stück vorangekommen. "Die Frage lautet nicht: Freiheit oder
Sozialismus. Sie lautet: Wie kann die Freiheit, wie kann die
Demokratie durch vernünftige Maßnahmen nicht nur auf der politischen
Ebene, sondern auch in den kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen
Bereichen verankert werden?" - Das ist das politische Vermächtnis
Willy Brandts. Es bleiben also große Aufgaben für die SPD.



Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de


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