(Registrieren)

Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Reinhard Zweigler zum Putin-Besuch

Geschrieben am 08-04-2013

Regensburg (ots) - Von Damen, die mit nackter Haut gegen den
"Diktator Putin" demonstrierten, hat sich Russlands Präsident gestern
in Hannover ebenso wenig beeindrucken lassen wie von den kritischen
Worten der deutschen Kanzlerin. Angela Merkel hat dem Gast aus Moskau
höflich, aber bestimmt Vorhaltungen gemacht. Dass die russischen
Behörden ohne Gerichtsbeschluss Büros und Computer von
Nichtregierungsorganisationen durchsuchen und deren Mitarbeiter als
"Agenten" des Auslands registrieren, ist in einem demokratischen
Rechtsstaat nicht hinnehmbar. Diese Kritik war notwendig und ebenso
angebracht. Trotz und gerade, weil Russland als Handelspartner sowie
auf der internationalen Bühne gefragt ist. Allerdings ist Russland,
das sich immer noch als eine Art Supermacht sieht, keine "lupenreine
Demokratie". Putin, den eine offenbar unverbrüchliche
Männerfreundschaft mit Ex-Kanzler Gerhard Schröder verbindet, sieht
sein Land eher als eine "gelenkte Demokratie". Was gut und richtig
für das Land ist, bestimmen er und die Nomenklatura. Die Opposition,
die in Russland kaum entwickelt ist, wird verhöhnt, verfolgt,
verurteilt. Als der einstige Oligarch und Öl-Konzernchef Michail
Chodorkowski ernsthaft nach einer politischen Karriere - gegen Putin
- strebte, ließ ihn der Kremlchef mit Hilfe einer willfährigen Justiz
und weit auslegbarer Gesetze zu einer lange Freiheitsstrafe
verdonnern. Was wohl vor allem als Signal an die anderen Oligarchen
gedacht war, die die russische Industrie beherrschen, sich nicht mit
dem Kreml anzulegen. Kann man nun aber mit einem "Diktator light",
kann man mit Putins Russland wirtschaftliche Beziehungen unterhalten?
Aber natürlich, man muss es sogar. Zum beiderseitigen Nutzen, wie man
es selbst in den kältesten Zeiten des Kalten Krieges getan hat. Es
gilt das mühsame Prinzip des Wandels durch Handel. Russland ist nicht
nur ein riesiger Rohstofflieferant für Deutschland - Gas, Öl und
anderes, sondern auch ein großer Absatzmarkt für deutsche Maschinen,
Lebensmittel, Luxusgüter. Deutschland und der Westen insgesamt werden
Demokratie und Menschenrechte, so wie wir sie verstehen und
praktizieren, nicht eins zu eins in das russische Riesenreich
exportieren können. Das muss im Post-Sowjetstaat Stück für Stück von
unten wachsen. Ein Geflecht von wirtschaftlichen Beziehungen zwischen
deutschen und russischen Unternehmen jedoch, Kooperationen sowie der
Austausch von Wissen, können demokratischen Entwicklungen den Boden
bereiten. Das beiderseitige Potenzial aber ist noch lange nicht
ausgeschöpft. Russlands Wirtschaft braucht dringend moderne
Technologien, auch unternehmerisches Know-how aus dem Westen.
Russland bietet auf der anderen Seite gigantische Möglichkeiten,
unermessliche Bodenschätze, flexible und freundliche Menschen.
Allerdings drücken eine weit verbreitete Korruption und eine
schwerfällige Bürokratie die Waagschale wieder nach unten. Auch auf
internationalem Terrain, in Sicherheits-, Abrüstungs- oder
Umweltfragen etwa, muss der Westen Moskau und Putin mit ins Kalkül
ziehen. Russland ist zwar keine Supermacht mehr, aber es verfügt
dennoch über enormen Einfluss. Im Syrien-Konflikt, wo Putin eisern an
Diktator Assad festhält, ist das schmerzvoll zu verspüren. Wer mit
Moskau klar kommen will, muss den Spagat beherrschen.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

456709

weitere Artikel:
  • Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zum Tod von Margaret Thatcher Regensburg (ots) - Margaret Thatcher mag die einflussreichste politische Figur der britischen Nachkriegszeit gewesen sein, aber sie war und blieb zugleich eine der umstrittensten. Während die einen sie als politische Heilige des Marktkapitalismus feiern, verdammen sie die anderen als neoliberale Hexe. Doch wie man auch zu Margaret Thatcher stehen mag - es kann keinen Zweifel an ihrer fundamentalen Bedeutung für die jüngere britische Geschichte geben. Viele Briten verübeln ihr immer noch eine Politik der sozialen Kälte. Noch heute leidet mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Bankgeheimnis in Steuerparadiesen Bielefeld (ots) - Das Bankgeheimnis in europäischen Steuerparadiesen und die Steueroasen in Übersee sind bislang so unumstößlich gewesen wie ein Fels jedem Sturm trotzt. Dass es nun Anzeichen für eine Zeitenwende gibt, kommt einer Sensation gleich, über die sich jeder ehrliche Steuerzahler freuen darf. Es ist ein starkes Signal, dass nach Luxemburg auch Österreich eine Lockerung des Bankgeheimnisses in Aussicht stellt. Gleichwohl überrascht die Dynamik und lässt auch Zweifel an der Ernsthaftigkeit aufkommen. Und dennoch: Die Beinahe-Pleite mehr...

  • Weser-Kurier: Zum Thema Parteiausschlüsse schreibt der "Weser-Kurier" (Bremen) in seiner Ausgabe vom 9. April 2013: Bremen (ots) - Für die Bremer SPD ist der Bürgerschaftsabgeordnete Martin Korol zum Problem geworden. Mit provokanten Thesen hat er die Bremer Politik gegenüber einwandernden Sinti und Roma kritisiert. Der SPD-Landesvorstand hält Teile des umstrittenen Aufsatzes von Korol für "eindeutig rassistisch". Nun hat die SPD-Fraktion den 68-Jährigen rausgeworfen. Schon vor rund vier Wochen hatte der Vorstand zudem ein Parteiordnungsverfahren eingeleitet. Am Ende dieses Verfahrens könnte Korols Parteiausschluss stehen. Einfach ist das nicht. Das mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Hartz-IV-Kontrollen Bielefeld (ots) - Jeder Arbeitnehmer muss damit rechnen, dass sein Arbeitgeber ihm auf den Zahl fühlt, wenn er glaubt, dieser mache blau. Daher ist auch nichts dagegen einzuwenden, dass Hartz-IV-Empfängern ähnliches blüht. In der neuen Richtlinie der Bundesagentur für Arbeit ist schließlich nicht von einem Generalverdacht nach Gutdünken des Sachbearbeiters die Rede, sondern von einem gezielten Augenmerk bei Häufung von Kurzerkrankungen. Das hat nichts mit Hetzkampagnen gegen Leistungsempfänger oder Misstrauenskampagne gegen Ärzte mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Justiz / Wulff Osnabrück (ots) - Für die weiße Weste Christian Wulff kämpft beharrlich um seinen Ruf. Der ehemalige Bundespräsident und Ministerpräsident will eine rechtlich blütenweiße Weste ohne irgendeinen dunklen Flecken, kurz: einen Freispruch erster Klasse. Das ist aus seiner Sicht sinnvoll. Denn erst wenn er das Verfahren strafrechtlich sauber übersteht, kann er sich neuen Aufgaben widmen. Nur dann würde er auch wieder gefragt. Deshalb will Wulff das Verfahren bis zum Ende durchziehen, selbst wenn damit möglicherweise ein für ihn quälend mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht