(Registrieren)

DER STANDARD - Kommentar: "Zurück im Nahost-Geschäft" von Gudrun Harrer

Geschrieben am 08-04-2013

Der Optimismus für die angekündigte US-Friedensinitiative hält
sich in Grenzen. (Ausgabe vom 9.4.2013)

Wien (ots) - Acht Wochen: So lange oder so kurz hat sich der
US-Außenminister gegeben, um auszuloten, ob und wie
israelisch-palästinensische Verhandlungen wieder auf den Weg zu
bringen sind. Es ist allerdings nur schwer vorstellbar, dass John
Kerry danach vor die Presse tritt und die Sinnlosigkeit seines
Vorhabens einräumt. Mit einem Wort: Die USA sind zurück im
Nahost-Geschäft, Kerry ist zum dritten Mal in drei Wochen in
Jerusalem und Ramallah, und alle Welt rechnet mit einer neuen
US-Nahostinitiative in absehbarer Zeit.

In diesen - sicher verlängerbaren - acht Wochen sind beide Seiten,
Israelis und Palästinenser, von den USA angehalten, nichts zu tun,
was die Atmosphäre weiter vergiftet und die Gesprächsaufnahme noch
schwieriger macht: im Wesentlichen keine neuen Siedlungspläne für das
Westjordanland auf der einen Seite, keine Schritte in Richtung
Internationaler Strafgerichtshof auf der anderen Seite. Damit haben
die Palästinenser ein ungewohnt starkes Kaliber in der Hand. Dennoch
bleibt offen, was Kerry dazu veranlasst zu glauben, der Zeitpunkt für
einen Neustart sei der richtige, außer dass die Wahlen sowohl in den
USA als auch in Israel vorüber sind. In Israel hat es leichte
Veränderungen, aber gewiss keinen Paradigmenwechsel gegeben. Und so
begrüßen wohl alle Beobachter, dass es US-Präsident Barack Obama noch
einmal versuchen will, gleichzeitig hält sich der Optimismus aber in
engen Grenzen. Der israelische Kolumnist Ben Caspit schreibt
respektlos auf _Al-Monitor, dass "die diplomatischen Friedhöfe der
Region voll mit den Leichen von Kerrys Vorgängern" seien - und eine
davon, die von Obamas erstem Nahostbeauftragten George Mitchell, sei
noch nicht einmal kalt.

Caspit meint, Kerry solle sich auf ein Interimsabkommen
konzentrieren, denn Endstatusverhandlungen seien nicht zu schaffen.
Dass das für die Palästinenser schwer zu schlucken sein würde, ist
anzunehmen: Wenn für die Israelis heute die Linie von 1967 nicht als
Basis für Gespräche über eine Grenzziehung infrage kommt, warum
sollte das in ein paar Jahren der Fall sein? Auch das Friedensoffert
der Arabischen Liga von 2002, das den Israelis als Anreiz -
umfassender Frieden mit den Arabern - ans Herz gelegt werden soll,
basiert selbstverständlich auf der 1967er-Prämisse. Auch wenn jeder
weiß, dass sie so nicht umgesetzt werden wird. Dass sich die halbe
arabische Welt im Aufruhr befindet, macht die Sache nicht leichter.
Nicht umsonst versuchen die USA, das israelisch-türkische Verhältnis
zu reparieren. Das wäre ohne Triumphgeschrei in Ankara einfacher.
Aber wenn die Türken dafür versuchen würden, konstruktiv auf die
Hamas einzuwirken, so wäre ihnen das sogar vergönnt.

Ob das für einen neuen Friedensanlauf ausreicht, ist ungewiss,
aber ein starkes Interesse teilen die Palästinenserführung und Israel
allerdings: die explosive Stimmung unter den Palästinensern, die
manche an die Zeit vor der zweiten Intifada erinnert,
herunterzukühlen. Ein Weltbankbericht liefert nun die Zahlen zu den
real existierenden Gründen für die Frustration: Den Palästinensern
geht es heute nicht besser als 1993, vor zwanzig Jahren, als der
Oslo-Friedensprozess begann. Dazu kommt eine zunehmend härtere Hand
israelischer Sicherheitskräfte auf dem Territorium, das die
Palästinenser doch meinen, seit November "Palästina" nennen zu
dürfen. Eine gefährliche Mischung.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

*** OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER
INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT ***


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

456678

weitere Artikel:
  • EU-Kommission stoppt deutschen Vorschlag für höhere Festnetz-Zustellungsentgelte Brüssel/Berlin (ots) - Telefonieren zu fairen Preisen: Die Europäische Kommission hat heute (Montag) einen Vorschlag der Bundesnetzagentur für höhere Zustellungsentgelte im Festnetz gestoppt. Die deutsche Behörde plante, ihre Tarife im Vergleich zum EU-Durchschnitt zu verdreifachen. "Meine Aufgabe ist es, einen Binnenmarkt für Telekommunikationsdienste für alle Bürgerinnen und Bürger der EU zu schaffen. Alle EU-Mitgliedstaaten - große wie kleine - haben die Vorschriften mitverabschiedet und setzen sie in diesem Sinne um. Kein mehr...

  • Märkische Oderzeitung: Märkische Oderzeitung (Frankfurt/Oder) zu Putin/Merkel Frankfurt/Oder (ots) - Russlands wirtschaftliche Stärke führt dazu, dass Kremlchef Wladimir Putin in Hannover über die Kritik an den Menschenrechten in seinem Land mit einem nonchalanten Lächeln hinwegsehen kann. Er weiß ganz genau, dass die deutschen Unternehmen gerade jetzt - in einer Phase der allgemeinen europäischen Verunsicherung - nicht auf die Kooperation mit Russland verzichten können. Und deshalb muss auch die Kanzlerin alles tun, um die Kontakte zu dem Partner zu pflegen, der gemeinhin alle Rechnungen pünktlich bezahlt. mehr...

  • neues deutschland: Diskriminierte Kranke: Hartz & Hetz Berlin (ots) - Jeder anderen Institution würde so ein Vorgehen gegen die ihr unterstellte Klientel dermaßen um die Ohren gehauen, nur die Bundesagentur für Arbeit kann sich offenbar alles erlauben. Zahlen hat sie nicht, aber sie hat irgendwie so ein diffuses Gefühl, dass sich Hartz-IV-Bezieher öfter mal krank schreiben lassen. Dabei gammeln die Prügelknaben der Nation doch eh die ganze Zeit in der sozialen Hängematte. Allerdings haben sie beim Herumschaukeln auch manchmal komische Gefühle - beispielsweise beim Anblick der Papiere mehr...

  • Trittin: Endlagersuchgesetz große Chance/ Prozess "wissenschaftlich fundiert, demokratisch legitimiert, transparent gestaltet" Bonn (ots) - Bonn/Berlin, 8. April 2013 - Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin setzt große Hoffnungen in das Spitzentreffen zum Endlagersuchgesetz am morgigen Dienstag. "Es besteht zum ersten Mal seit Jahrzehnten die Chance, eine Einigung dafür zu bekommen, wie man mit dem gefährlichsten Müll in der Geschichte Deutschlands verantwortungsvoll umgeht", sagte er im PHOENIX-Interview (Ausstrahlung am Dienstag, 9. April 2013, ab 9.00 Uhr). Kritik von Atomkraftgegnern, die forderten, dass zunächst die vorgesehene Enquete-Kommission mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Protest gegen Putin Bielefeld (ots) - So sexy war Deutschlands größte Industriemesse noch nie. Die einstige Leistungsshow der heimischen Wirtschaft hat in den vergangenen Jahren meist einen eher lahmen Eindruck hinterlassen. Jetzt verhilft ihr der barbusige Protest der Frauenorganisation Femen gegen die Menschenrechtspolitik des russischen Präsidenten Wladimir Putin zu unerwarteter Publicity. Natürlich ist diese Art der Werbung nicht nach dem Geschmack der Messegesellschaft. Aber sie ist zulässig. In Russland bringen bereits die ganz normalen Versuche, mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht