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Lausitzer Rundschau: Der Patriarchen-Staat - Putins Verständnis von Staatsmacht macht das Miteinander schwer

Geschrieben am 07-04-2013

Cottbus (ots) - Deutschland und Russland, das ist eine sehr alte
Geschichte, die die beiden größten Völker Europas vereint - aber auch
immer wieder voneinander trennt. Nur eins ging nie - und das sei
allem anderen vorausgesetzt: Deutschland und Russland können und
dürfen sich nicht gleichgültig sein. Putins Besuch auf der größten
Industrieschau der Welt kommt zu einem Zeitpunkt, da die Beziehungen
zwischen beiden Ländern belastet sind. Die Razzien gegen deutsche
Stiftungen in Russland werden aus deutscher Sicht zu Recht als
Drangsalierung empfunden. Aber auch russische Einrichtungen, die aus
dem Ausland Geld bekommen, haben es im Lande Putins im Moment nicht
leicht. Sie müssen sich als "ausländische Agenten" registrieren
lassen. Das klingt nicht nach einem freiheitlichen Klima, in dem
Demokratie gedeiht. Putin behauptete in einem ARD-Interview glatt und
kalt, niemand werde eingeschüchtert und überhaupt: "Man muss die
Menschen nicht einschüchtern." Es fällt nicht schwer, dem Kremlchef
zuzustimmen. Natürlich muss "man" das nicht, aber "man" kann es. Vor
allem dann, wenn sich die Staatsmacht nicht als Beauftragte eines
mündigen Volkes, sondern als allwissendes und patriarchisches
Instrument begreift. Genau so definiert sich zurzeit der russische
Staat - als eine Art Garant der patriotischen Erziehung, der dem
halbmündigen Volk den Weg in die hoffnungsvolle Zukunft eines großen
Russlands weist. Der Bevormundungs-Staat macht sich aber nicht nur
bei Stiftungen und Nichtregierungsorganisationen bemerkbar, sondern
auch im Wirtschaftsbereich. Schon ist die Rede von einem Rückfall in
die Staatswirtschaft - sowohl in russischen als auch in deutschen
Kreisen. Die staatlichen Eingriffe machen die russische Wirtschaft
zunehmend bürokratisch und zugleich korruptionsanfällig, der Aufbau
eines gesunden und innovativen Mittelstandes wird durch die
schleichende Beschneidung der Freiheit verhindert. In einem
Korruptions-Ranking von Transparency International steht Russland
inzwischen sehr weit hinten - auf einer Stufe mit Ländern wie dem
Iran und Honduras. Trotz allem bringt Putin schöne Zahlen mit nach
Deutschland und auf die Hannover-Messe. Die Wirtschaft des Landes
wächst, die Arbeitslosigkeit ist niedrig, der Staatshaushalt
ausgeglichen. Auch die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland
und Russland lassen sich gut darstellen. Im vergangenen Jahr wurden
Waren im Wert von 80,5 Milliarden Euro gehandelt - das sind 6,9
Prozent mehr als im Vorjahr. Doch diese Werte dürfen nicht darüber
hinwegtäuschen, dass Demokratieschwund, Rückverstaatlichungen von
Konzernen, Bürokratismus, Kapitalflucht und Korruption in Russland
auf längere Sicht nicht nur freundschaftliche Beziehungen erkalten
lassen, sondern auch potenzielle Investoren und Partner abschrecken.
Es ist also nicht "nur" der rüde Umgang mit Stiftungen, über den
Merkel und Putin zu reden haben.



Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de


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