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DER STANDARD-Kommentar: "Die Versorgungsrepublik" von Alexandra Föderl-Schmid

Geschrieben am 29-03-2013

"Parteibuchwirtschaft und Postenschacher sind
selbstverständlich in Österreich"; Ausgabe vom 30.03.2013

Wien (ots) - Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern, fragte
einst der deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer. Das kann auch der
nunmehrige Ex-Landeshauptmann von Kärnten, Gerhard Dörfler, sagen.
Der FPK-Politiker zieht just in jenes Gremium ein, das er vor einem
Jahr noch "ersatzlos streichen" wollte - in den Bundesrat. Weil er
noch nicht genügend Pensionsjahre zusammen hat und man ihn im
Kärntner Landtag nicht mehr haben wollte, wird Dörfler eben in die
Länderkammer nach Wien geschickt.
Abgeschoben? Nein! So einen Mann wie Dörfler "braucht diese
verschlafene Länderkammer dringend", wirbt FPÖ-Chef Heinz-Christian
Strache für ihn. Dass Dörfler, für einen ZiB 2-Bericht danach
gefragt, nicht einmal wusste, wie viele Mitglieder der Bundesrat hat,
schmälert seine Qualifikation in den Augen seiner Parteifreunde
bestimmt nicht.
Versorgungsjob? "2400 Euro netto, da können Sie davon ausgehen, dass
das ja kein Versorgungsjob ist", stellte Dörfler klar. Viele seiner
Wählerinnen und Wähler würden sich bei einem Job, der mit 4080 brutto
monatlich für rund 30 Sitzungstage pro Jahr entlohnt wird, bestens
versorgt fühlen.
Wäre Dörfler Politiker einer anderen Partei, hätten FPÖ oder FPK dies
als Sesselkleberei, Postenschacher oder Versorgungsjob kritisiert.
Was nunmehr von Karl-Heinz Grasser und seiner Buberlpartie bekannt
ist, fällt unter die Kategorie "Abkassierer". Die Blauen geben jenes
Bild ab, das einst Jörg Haider von den "Altparteien" gezeichnet hat.
Dörfler ist kein blauer Sündenfall - es gab vor ihm diverse blaue
Politiker, die versorgt wurden mit anderen Ämtern oder in staatsnahen
Unternehmen: wie Ex-Infrastrukturminister Mathias Reichhold, der in
den Vorstand der Asfinag berufen wurde, oder der ehemalige
Klubdirektor Josef Moser, dem man aber als Rechnungshof-Präsident
keine parteipolitische Nähe nachsagen kann.
Viele Politiker haben Aufnahme gefunden bei Frank Stronach in dessen
Magna-Imperium: Neben Reichhold auch Grasser, der ehemalige
SPÖ-Generalsekretär Andreas Rudas und der frühere steirische
Landesrat Herbert Paierl (ÖVP). Der ehemalige Bundeskanzler Franz
Vranitzky (SPÖ) saß bei Magna jahrelang im Aufsichtsrat.
Das Prinzip, dass sich Politiker an ihn zwecks Weiterbeschäftigung
wenden, ist für Stronach nicht neu. Nunmehr bietet er keine
Versorgungsjobs in seinem Unternehmen mehr an, sondern eben in seiner
Partei: So sehen BZÖ-Abgeordnete an Stronachs Seite mehr Chancen auf
den Wiedereinzug in den Nationalrat, und auf Landesebene finden mit
der FPÖ oder ÖVP hadernde Politiker bessere Listenplätze.
Finanzielle Gründe? Das wird heftig dementiert. Dennoch wird der
angenehme Nebeneffekt der Politiker-wechsel sowohl von der FPK in
Kärnten als auch vom Team Stronach in Wien eingesackt: 1,42 Millionen
Euro bringt Stronachs Team der Klubstatus; die FPK hat die
Klubförderung in Höhe von 1,2 Millionen Euro bis 2014 ohnehin bereits
verpfändet.
Dass weder Dörflers Volte noch die durchsichtigen Gründe der anderen
Polit-Wendehälse öffentlich lautstarke Kritik hervorrufen, hängt mit
dem Selbstverständnis in Österreich zusammen: Parteibuchwirtschaft,
Postenschacher und Versorgungsjobs werden in dieser Republik für
selbstverständlich gehalten. Es könnte ja jeder einmal in die
Situation kommen, etwas zu brauchen.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom

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