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Oberhessische Presse: Äußerungen von Peer Steinbrück / Kommentar von Carsten Beckmann

Geschrieben am 28-02-2013

Marburg (ots) - Die Frage, ob man Silvio Berlusconi und Beppe
Grillo als Clowns bezeichnen darf, stellt sich eigentlich nicht. Für
den Vollzeitsatiriker und Teilzeitpolitiker Grillo müsste die
Titulierung fast ein Ritterschlag sein, zumindest ist er daran
gewöhnt, auch im eigenen Land von Gegnern als "Genoveser
Fernsehclown" bespöttelt zu werden. Auf den anderen - Berlusconi -
trifft der Begriff insofern zu, als er sich nie zu schade war für
clowneske Auftritte - sei es als derber Herrenwitzerzähler, als
fröhlicher Bänkelsänger oder Hauptdarsteller in mehr oder weniger
appetitlichen Realburlesken. Es ist Geschmackssache, worüber man zu
lachen bereit ist: Der eine findet Grillos "Vaffanculo"-Kampagnen zum
Brüllen, der andere schmunzelt über die Testosteron-Exzesse des
Cavaliere. Die Frage, ob es politisch klug von Peer Steinbrück war,
Grillo und Berlusconi Clowns zu nennen, ist klar mit "Nein" zu
beantworten. Nicht zum ersten Mal sagte er Dinge, die andere
lediglich dachten, und er tat dies auch jetzt, ohne sich der Folgen
seines Tuns auch nur ansatzweise bewusst zu sein. Die Clownnummer gab
Steinbrücks Kritikern erneut allen Anlass, am diplomatischen Format
des SPD-Kandidaten zu zweifeln: Ist jemand, der mit einer nicht
einmal abwegigen Äußerung alle Welt gegen sich aufbringt, reif für
den Chefposten im Kanzleramt? An diesem Punkt könnte sich Steinbrück
ein Beispiel an der Amtsinhaberin nehmen - Angela Merkel muss des
öfteren Schaum vor dem Mund gehabt haben, wenn Berlusconi ihr wieder
einmal vorgeworfen hatte, sie selbst sei mit ihrer Europapolitik
verantwortlich für die EU-weite Krise und versuche, einen Dritten
Weltkrieg anzuzetteln. Doch zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung
reichte sie Berlusconi immer wieder die Hand, wenn beide
aufeinandertrafen. Ein Kanzler Steinbrück dagegen wäre vermutlich in
der Lage, jedes Gipfeltreffen durch eine aus der Hüfte geschossene
Verbalinjurie zu sprengen. Dass jetzt ausgerechnet Italiens
Staatspräsident beleidigt auf Steinbrücks Schelte in Richtung Grillo
und Berlusconi reagierte, ehrt Giorgio Napolitano als integren
Menschen, der der gepflegten Politikkultur des 20. Jahrhunderts
nachtrauert. Doch Napolitano verkennt dabei völlig, dass seit langem
auch in seiner Heimat Beleidigungen und Verunglimpfungen, Intrigen
und Hasskampagnen das politische Geschäft prägen. Das weiß ein ganzes
Volk, wählt trotzdem Berlusconi - oder gerade deshalb Grillo. Zeit
für Italiens politische Klasse, im eigenen Laden aufzuräumen, anstatt
den Volkszorn auf einen unüberlegt daherredenden
SPD-Kanzlerkandidaten aus Deutschland zu lenken. Sonst gilt zwischen
Po und Tiber wieder Johannes Mario Simmels altes Motto: Mit den
Clowns kamen die Tränen.



Pressekontakt:
Oberhessische Presse
Anja Luckas
Telefon: (0)6421 / 409-310
anja.luckas@op-marburg.de


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