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Schwäbische Zeitung: Der Gelehrte überrascht - Leitartikel

Geschrieben am 11-02-2013

Leutkirch (ots) - Der betende Gelehrte wird bleiben. Die
Leidenschaft für die Theologie prägt das Leben von Benedikt XVI.. Vor
seiner Papstwahl im Jahr 2005 hatte Joseph Ratzinger seinen Ruhestand
mit der Fortführung seiner wissenschaftlichen Arbeit geplant. Ihm ist
jetzt zu wünschen, dass er dieser Passion ohne die immense Last des
Papst-Amtes wieder nachkommen kann.

Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Johannes Paul II. hat Benedikt
nie wirklich glücklich an der Spitze der Kirche gewirkt. Johannes
Paul "lebte" den Papst, Benedikt umgab stets die Aura des kühlen
Intellektuellen. Ratzinger gilt zwar als einer der angesehensten
Theologen des 20. Jahrhunderts. Nach acht Jahren im Papstamt wird er
aber zunehmend kritisch wahrgenommen. Das liegt vor allem daran, dass
er aufgrund seiner tiefsten theologischen Überzeugungen bei den
Fragen, die besonders in Europa drängen, wie etwa Zölibat oder
Priestertum der Frau, den hohen Erwartungen nicht gerecht werden
konnte. Wer geglaubt hatte, dass Ratzinger hier etwas ändern würde,
hatte sich selbst etwas vorgemacht. Mit dem Rücktritt wird das
theologische Lebenswerk Ratzingers wieder in den Vordergrund rücken.

Es ist nicht übertrieben zu formulieren, dass der Papst von
wiederholten Intrigen und Machtspielen im Vatikan zunehmend zermürbt
wirkte. Der weltweite Missbrauchsskandal tat sein übriges. Wie die
katholische Kirche mit den ungeheuerlichen Verbrechen umgeht, ist bis
heute nicht überzeugend. Benedikt hatte mit vielen Baustellen zu tun,
die die Glaubwürdigkeit der Kirche in Frage stellen. Dabei agierte er
teilweise auch unglücklich. Welche Kraft diesen Mann mit seiner von
Vertrauten beschriebenen "unfassbaren Bescheidenheit" aber
auszeichnet, macht gerade sein Rücktritt deutlich. Die Kardinäle
haben jetzt die Freiheit, einen Papst zu wählen, der sich in Zukunft
zurückziehen kann, wenn er sich den Aufgaben des Amtes nicht mehr
gewachsen sieht.

Benedikt hat damit im Papstamt ein Zeichen für selbst bestimmte
Souveränität gesetzt. Auch das ist letztendlich überraschend.



Pressekontakt:
Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 07561-80 100
redaktion@schwaebische-zeitung.de


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