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DER STANDARD-Kommentar: "Ich bin Darabos, holt mich hier raus" von Michael Völker

Geschrieben am 22-01-2013

"Erlebnisorientierte Selbsterniedrigung im Ekel-Camp der
Regierung"; Ausgabe vom 23.01.2013

Wien (ots) - Norbert Darabos ist so etwas wie der Tanzbär der
Koalitionsregierung. Tagaus, tagein wird er - symbolisch freilich -
am Nasenring vorgeführt. Was auch immer er nicht tun mag, er wird es
schon tun, versichern auch die eigenen Parteikollegen mit dem Gestus
des Generösen. Der Darabos, der macht das schon.
Jetzt darf er eben die Reform der Wehrpflicht umsetzen, die er selbst
für einen ausgesprochenen Unsinn hält - oder halten musste. Hat
Darabos eine eigene Meinung? So genau weiß man das nicht, und
offenbar ist das auch egal in diesem Job. Er soll tanzen. Für den
Bundeskanzler, den Wiener Bürgermeister, den Vizekanzler, die
Finanzministerin. Alle gefallen sich darin, dem Verteidigungsminister
immer neue Aufgaben zu stellen, um dann belustigt zuzuschauen, wie
dieser an den Vorgaben scheitert. Scheitern muss. Darabos selbst gibt
sich diesen Erniedrigungen duldsam hin und lobt noch jene, die ihn in
diese Position gebracht haben und ihm wieder neue Kunststücke
abverlangen.
Jetzt also die Reform der Wehrpflicht, eine sinnvolle Neuordnung der
Ausbildung der Rekruten, die Abschaffung der Leerläufe. Im Grunde
genommen eine unmögliche Aufgabe. Noch dazu, wenn die ÖVP in Person
von Finanzministerin Maria Fekter das Geld dafür in der Hand hat und
dessen Herausgabe an Bedingungen knüpft. Da kann man sich leicht
ausrechnen, dass das nicht funktionieren kann.
Wie man sich überhaupt recht leicht ausmalen kann, dass die gesamte
Reform im Sand verlaufen wird: Wenn Darabos in den sechs Jahren als
Minister nicht ansatzweise eine Verbesserung der Ausbildung
herbeiführen konnte, dann wird ihm in den verbleibenden acht Monaten
- mitten im Wahlkampf - erst recht keine grundlegende Neuaufstellung
des Grundwehrdienstes gelingen. Kann ihm gar nicht gelingen.
Dafür sorgt auch die ÖVP.
Die Ansätze der ÖVP zu einer Reform sind bestenfalls originell.
Michael Spindelegger will, dass jeder junge Mann beim Heer mit einer
Waffe umzugehen lernt. Gleichzeitig will er eine "erlebnisorientierte
Ausbildung" garantieren. Das Totschießen von Menschen - auch darum
geht es bei der Ausbildung zu einem Soldaten, so ehrlich muss man
sein - als Entertainment zu präsentieren, ist geschmacklos. Das
Bundesheer ist kein Pfadfinderlager mit lustigen Spielen und
sportlicher Ertüchtigung. Da kann und soll man nichts beschönigen: Es
ist und bleibt ein militärischer Apparat mit dem Ziel der
Landesverteidigung - im besten Fall. Wer das Heer als solches nicht
ernst nimmt, soll es lieber abschaffen.
Das Reformkonzept, das die ÖVP am Dienstag vorgelegt hat, ist
insgesamt recht dünn und sehr plakativ ausgefallen. Der
erlebnisorientierte Umgang mit der Waffe soll auch durch einen
"Talentecheck" vorbereitet werden: Wer zum Umbringen kein Talent hat,
kann seine Möglichkeiten vielleicht in anderen "fachlichen
Disziplinen" zur Geltung bringen. Die Diskussion über die Reform des
Bundesheeres bekommt durch die Behübschungsversuche der ÖVP einen
wirklich degoutanten Unterton.
Auch aus diesem Grund kann man mit Norbert Darabos Mitleid haben.
Allerdings liegt es in seinem Ermessen, wie weit er gehen mag und wie
intensiv er die erlebnisorientierte Selbsterniedrigung auskosten mag.
Man würde es ihm nicht verdenken, wenn er aus diesem Camp aussteigen
will: "Ich bin Darabos, holt mich hier raus!"

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom


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