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DER STANDARD-Kommentar: "Der Entwaffnungskrieg" von Gudrun Harrer

Geschrieben am 18-11-2012

Das Einmischungspotenzial der Hamas in andere Konflikte soll
herabgestuft werden. (Ausgabe vom 19.11.2012)

Wien (ots) - Die Wahl des Zeitpunkts für die Eskalation des
Gaza-Dauerkonflikts mag für die israelische Regierung ein politischer
gewesen sein - der dräuende Gang von Palästinenserpräsident Mahmud
Abbas in die Uno-Generalversammlung nächste Woche sowie der
beginnende Wahlkampf in Israel. Das Ziel ist jedoch ein
militärisches, und von einer Zwischenbilanz wird abhängen, ob sich
Israel, mit allen politischen Risiken, zu einer Bodenoffensive
entschließt.
Es geht Israel um die Entwaffnung des Gazastreifens, vier Jahre nach
der großen israelischen Offensive von 2008/2009. Diese hatte zwar die
Hamas schwer getroffen - was einer Aufrüstung danach aber nicht im
Weg stand. Das kann man als Beweis dafür lesen, dass es keine
militärische Lösung gibt. Unter den herrschenden Verhältnissen ist
jedoch, ganz nüchtern gesehen, auch keine andere in Sicht.
Das militärische Verhältnis zwischen Hamas und anderen radikalen
Palästinensergruppen im Gazastreifen einerseits und Israel
andererseits kann man ja nicht einmal ernsthaft vergleichen, auch
wenn die Berichte über _die Raketenabschüsse auf Israel - die neben
ihrem Schrecken für Betroffene vor allem von hohem Symbolcharakter
sind - eine Symmetrie vorgaukeln, die es natürlich nicht gibt. Die
palästinensischen Raketen sind keine Kriegs-, sondern Terrorwaffen.
Aber die Bewaffnung der Hamas hat sich in den vergangenen Jahren
rasant entwickelt - was die Quantität betrifft, aber auch die
Qualität. Dabei hat der am Mittwoch von Israel getötete Ahmed
al-Jabari eine wichtige Rolle gespielt.
Man wird nicht weit danebenliegen, wenn man die Explosion in einer
Munitionsfabrik in Khartum Ende Oktober in den jetzigen Kontext
stellt: Schon damals gingen Experten davon aus, dass es sich
tatsächlich, wie vom Sudan behauptet, um einen israelischen Angriff
handeln könnte. Iranische Rüstungsgüter gelangen auf dem Weg über den
Sudan in den Gazastreifen - und auch auf den Sinai, dessen Sicherheit
die neue ägyptische Führung nicht in den Griff bekommt, zum eigenen
Nachteil und zu dem Israels. Ein verschärfender Faktor ist die
offenbar unerschöpfliche Waffenzufuhr aus Libyen - auch die syrischen
Rebellen werden ja teilweise von dort versorgt, eine der nahöstlichen
Paradoxien.
Im Gazastreifen sind die Waffen hingegen nicht unerschöpflich - es
könnte sein, dass die etwa hundert Fajr-5-Raketen iranischer Bauart,
die mit 75_km Reichweite Tel Aviv und den Süden Jerusalems erreichen
können, bereits zum Großteil verbraucht oder außer Gefecht gesetzt
sind. Aber für Israel wird es darum gehen, dar_über hinaus so viel
militärische Infrastruktur wie möglich, etwa Abschussrampen, zu
zerstören. Nur dann lohnen sich die politischen Kollateralschäden -
man denke an die Arabische Liga, die ihre Außenminister nach Gaza
schicken will. Die gemeinsame israelisch-golfarabische
Interessengemeinschaft gegen den Iran ist wieder einmal schwer
beschädigt.
Dennoch ist der neue Gaza-Schlagabtausch, bei dem Israel mit seinem
"Iron Dome" nur seine Abwehrkapazitäten für Artillerieraketen, also
nicht für ballistische Raketen aus dem Iran, testen kann, auch in
diesem Kontext zu sehen: Falls es zu einem Krieg mit dem Iran kommt,
soll das Einmischungspotenzial der Hamas ernsthaft herabgestuft sein.
Es bleibt ohnehin das der libanesischen Hisbollah, die ungleich mehr
Material hat, als im _Gazastreifen jemals vorhanden war.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom


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