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"DER STANDARD"-Kommentar: "Abbau oder doch Ausbau der EU" von Thomas Mayer

Geschrieben am 14-11-2012

Streit um Finanzrahmen spiegelt Glauben und Zweifel am
Europa-Projekt wider - Ausgabe vom 15.11.2012

Wien (ots) - Es sieht gar nicht gut aus für die Staats- und
Regierungschefs der Union. In einer Woche wollen sie sich zum
Budgetgipfel treffen, um den langfristigen finanziellen Rahmen der EU
festzulegen. Das kommt nur alle sieben Jahre vor. Aber von einer
Einigung scheinen sie derzeit so weit weg zu sein wie die Nasa vom
Ziel einer bemannten Landung auf dem Mars.
Zwischen dem Grundvorschlag der EU-Kommission und dem Minimalansatz
der Briten klafft eine Lücke von nicht weniger als 200 Milliarden
Euro - oder knapp 20 Prozent des Budgets.
Sieben Jahre - auf einen so langen Zeitraum wurde die Finanzvorschau
(jetzt 2014 bis 2020) nicht in Anspielung auf ein biblisches Zeitmaß
gewählt. Die EU-Mitglieder wollten damit ursprünglich verhindern,
dass das Gezänke der Nationalstaaten mit all ihren Sonderwünschen und
Egoismen sich nicht jedes Jahr aufs Neue wiederholt - und alles
lähmt. Denn anders als die Nationalstaaten hat die EU wenig eigene
Einnahmen. Sie muss mit dem auskommen, was die Mitglieder ihr an
Beiträgen liefern.
Gemeinschaftliche Politik von inzwischen 27 EU-Staaten - ganz reichen
und sehr armen, winzig kleinen und mächtigen großen wie Deutschland -
sollte einigermaßen berechenbar sein. Sonst kann eine Union wie die
EU niemals funktionieren. Änderungen, ob in der Agrarpolitik oder bei
der Förderung der Regionen, sind nur per Anpassung, nicht radikal
machbar, ohne gleich das System in Probleme zu stürzen.
So ist die (gute) Grundidee. Und so wäre die Ausgangslage für die
Verhandlungen, wenn man europäische Politik als ansatzweise
rationales Geschehen auffasst, bei dem es darum geht, Staaten
einigermaßen im Frieden miteinander zu halten.
In wirtschaftlich guten Zeiten oder vor zehn Jahren, als man bei der
Aufnahme der ehemaligen Staaten des kommunistischen Ostens nicht auf
jeden Cent achtete, war das nicht so schwer. Da hat am Ende im
Zweifel das wohlhabende Deutschland ein paar hundert Millionen
draufgelegt, und es konnte weitergehen. So war das im März 1999, und
so war das letztlich auch im Mai 2006, als die Finanzrahmen (jeweils
mit monatelanger Verspätung) fixiert wurden. Für eine vergleichbare
Verspätung bis März oder gar Mai kommenden Jahres wäre also noch
Zeit, ein Scheitern des EU-Gipfels nächste Woche gar kein Drama.
Aber diesmal gibt es - abgesehen vom Umstand, dass Deutschland seine
frühere Großzügigkeit offensichtlich aufgegeben hat - noch einen
anderen großen Unterschied zu früher.
Nicht nur einzelne, seit jeher integrationsskeptische Länder wie
Großbritannien oder Schweden treiben quer. Auch traditionell so
EU-freundliche Staaten wie Frankreich, die Niederlande oder
Österreich sprechen sich unter dem Druck der Krise dafür aus,
gemeinschaftliche Politik deutlich zurückzuschrauben. Sogar die
Finanzierung von Erasmus-Studenten hängt in der Luft. Nur die
Osteuropäer bekennen sich noch dazu, dass man in gemeinschaftliche
Politik aktiv investieren muss. Im Falle von Österreich läuft die
Debatte besonders kurios: Die Regierung fordert starke Kürzungen im
EU-Haushalt, will aber einen Beitragsrabatt erhalten und bei den
Agrarförderungen nichts verlieren.
Wie soll das gehen? Man sollte in Wien nicht aus den Augen verlieren:
Es wird derzeit darum gestritten, ob knapp ein oder doch 1,06 Prozent
der gesamten Wertschöpfung der EU-Staaten für die Union aufgewendet
werden.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom


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