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Mittelbayerische Zeitung: Neuer Zugang zur Politik Die Raab-Show ist nicht der Weisheit letzter Schluss. Aber ein Weg, um Interesse bei jungen Menschen zu wecken. Von Maria Gruber

Geschrieben am 12-11-2012

Regensburg (ots) - Stefan Raab als Polit-Talker - kann das
wirklich funktionieren? Das haben sich viele gefragt, als der
Entertainer bekanntgab, sich auf diese Schiene zu wagen. Eines hat
funktioniert: Stefan Raab brachte zumindest bei der Premiere am
Sonntag eine ganze Menge junger Menschen an die Bildschirme. So sahen
eine halbe Million 14- bis 29-Jähriger die Show "Absolute Mehrheit" -
eine Altersgruppe, die ansonsten nicht gerade dafür bekannt ist, mit
Vorliebe Polit-Talks im Fernsehen zu verfolgen. Wenn sich auch über
die inhaltliche Qualität der Sendung sicher streiten lässt - die Show
per se als Unsinn abzutun, wird der Sache nicht gerecht. Welche
Interessen Stefan Raab damit auch verfolgt - "Absolute Mehrheit" kann
zumindest als ein Versuch gewertet werden, junge Menschen, die bisher
mit Politik nicht viel zu tun hatten oder keinen Zugang dazu finden,
an die Politik heranzuführen. Und das kann nicht oft genug versucht
werden. Immer weniger gehen zur Wahl und vor allem bei den 15- bis
25- Jährigen genießen Politiker und politische Institutionen nur
geringes Vertrauen. Doch der Grund für die Politikverdrossenheit der
Jugend ist nicht etwa, dass von vornherein kein Interesse bestünde,
sondern vielmehr die Tatsache, dass junge Menschen damit, wie
gegenwärtig Politik gemacht und vermittelt wird, nicht viel anfangen
können. Wer kennt das nicht: Ein Politiker beginnt zu reden und schon
vor Vollendung des ersten Satzes überkommt einen das untrügliche
Gefühl, diese Worte in dieser Reihenfolge zu diesem Thema schon
einmal gehört zu haben. Die Schablonenhaftigkeit, dieses uniformierte
Denken in Parteimustern, aber auch das Unvermögen vieler Politiker,
Sachverhalte erklären zu können, bringt viele dazu, sich enttäuscht
abzuwenden. Beispiele dafür lassen sich nicht nur beim Thema
Eurokrise zuhauf finden. Selbstredend, dass dies auch der zunehmenden
Komplexität der Themen geschuldet ist. Umso mehr aber sollten
Politiker bemüht sein, den Bürgern verständlich zu machen, dass auch
sie von politischen Entscheidungen betroffen sein können. Stattdessen
aber herrscht in der Bevölkerung das Gefühl vor, keinen Einfluss
darauf zu haben, was die Regierung tut. 94 Prozent der Befragten
stimmten dem in einer Umfrage der Friedrich-Ebert-Stiftung zu. Die
Art der Kompromissfindung, die den Eindruck vermittelt, es ginge
vielmehr darum, permanent eine tief gespaltene Regierungskoalition
auf Biegen und Brechen zusammenzuhalten als nach der besten Lösung zu
suchen, trägt seinen Teil dazu bei. Und dafür hat etwa die
schwarz-gelbe Regierungskoalition erst kürzlich einige eindrucksvolle
Beispiele geliefert: Von einem "Kuhhandel" war beim Tauschgeschäft
"Abschaffung der Praxisgebühr gegen Zustimmung zum Betreuungsgeld"
nicht zu Unrecht die Rede. Die Menschen fühlen sich von Politik -
leider - immer mehr abgestoßen. Mit bekannten Folgen: Etablierte
Parteien oder etwa Gewerkschaften haben enorme Nachwuchsprobleme,
immer weniger sehen einen Sinn darin zu wählen. Kurzum: Die
traditionelle und institutionalisierte Art der Beteiligung kommt aus
der Mode. Stattdessen entstehen Parteien wie die Piraten, deren Reiz
vor allem darin besteht, anders zu sein: unangepasst, vermeintlich
authentisch, neu eben. Neu sind auch die Formen der Partizipation -
wie die sogenannte "Liquid Democracy" (Flüssige Demokratie) -, die
sie ins Spiel bringen. Ob das nun funktioniert oder nicht: Der
frische Wind aus einer völlig neuen Richtung hat auch die
"Etablierten" aufgeweckt und sie dazu gebracht, sich auf neue Wege zu
begeben. Ob das auch einer wie Raab schafft, sei dahingestellt. Ein
Fehler aber wäre, es gar nicht erst zu versuchen.



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


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