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Pflegekammer in Bayern argumentativ vor dem Aus / Placebo statt Wunderpille - Befürworter der Kammer können ihr Versprechen an die Pflegekräfte nicht halten

Geschrieben am 23-10-2012

München (ots) - "Als völlig untauglichen Versuch zur Entlastung
der Pflege" bewerteten Experten am 18.10.2012 in einer
Landtagsanhörung die Errichtung einer Pflegekammer in Bayern.

"Was wir brauchen, sind gezielte Maßnahmen zur Behebung des
dramatisch steigenden Fachkräftemangels", sagte Joachim Görtz, Leiter
der Geschäftsstelle des bpa in München. "Schon heute fehlen in Bayern
tausende Pflegekräfte. Demgegenüber steigt die Zahl der
Pflegebedürftigen rasant an. Den Pflegekräften helfen konkret vor
allem mehr Personal und weniger Bürokratie. Die weitere
Bürokratisierung durch eine Zwangsverkammerung verkehrt diese Absicht
ins Gegenteil".

Deutliche Skepsis kam auch aus der Politik. Die Abgeordnete
Kathrin Sonnen-holzner (SPD) stellte fest, dass selbst aus den
bisherigen Umfragen bei den Pflegekräften kein ausgeprägter Wille für
die Errichtung einer Pflegekammer erkennbar sei. Dominik Schirmer von
der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di bekräftigte diese
Einschätzung. Die in der Gewerkschaft mit Abstand größte Gruppe
organisierter Pflegekräfte habe sich überwiegend gegen eine
Pflegekammer ausgesprochen.

Die Befürworter einer Pflegekammer beharrten demgegenüber darauf,
die Pfle-gekräfte zum "Schutz der Bevölkerung vor unsachgemäßer
Pflege" einer Zwangsmitgliedschaft mit Berufsaufsicht unterstellen zu
müssen. "Man erkennt genau die Ziele der Kammerlobbyisten, die von
den berechtigten Bedürfnissen der Pflegekräfte abweichen", so Joachim
Görtz. "Es geht nach eigenen Angaben derer, die in einer Kammer
Verantwortung übernehmen wollen, darum, die bislang ehrenamtliche
ausgeübte Funktionärstätigkeit in eine von den Pflegekräften
finanzierte Zwangsvereinigung zu überführen. Das kann und darf kein
Kriterium sein. Die Politik sollte diesen Begehrlichkeiten nicht
Folge leisten." Auch im weiteren Verlauf der Anhörung kamen die
Befürworter einer Pflegekammer sichtlich in
Begründungsschwierigkeiten, sodass der stellvertretende
Fraktionsvorsitzende der FDP, Dr. Otto Bertermann, im Nachgang
festhielt, dass mit ihm eine Pflegekammer nicht zu machen sei.

Abgesehen von den wenig überzeugenden Behauptungen ihrer
Befürworter sprachen auch juristische Bedenken gegen die Errichtung
einer Pflegekammer. Rechtsprofessor Mario Martini vom Lehrstuhl für
Staatsrecht der Universität Speyer stellte in einem aktuellen
Gutachten fest, dass z. B. die tarifliche Gestaltung in der Pflege
Aufgabe und Ziel der Gewerkschaften sei. Diese könne nicht der
Tätigkeit einer Pflegekammer zugeführt werden. "Die
Zwangsorganisation einer Pflegekammer wird die Hoffnungen, die die
Pflegenden in sie setzen, nicht oder nicht ausreichend erfüllen
können", so Martini. "Die als politisches Glaubensbekenntnis
verbreitete Hoffnung auf die größte ideelle Aufwertung der
Pflegeberufe wird sich als politische Fata Morgana erweisen." Die
Befürworter einer Pflegekammer stützten sich in juristischer Hinsicht
auf Ausführungen des Kieler Rechtsprofessors Gerhard Igl. Er machte
in der Anhörung darauf aufmerksam, sich erst dann vertiefend mit der
Frage beschäftigen zu können, wenn ihm ein konkreter Gesetzentwurf
vorgelegt werde. Auch wolle er das aktuelle Martini-Gutachten zur
Kenntnis nehmen. Prof. Igl bestätigte bereits vor einigen Jahren die
rechtliche Möglichkeit zur Errichtung einer Pflegekammer. Das nun von
seinem Kollegen Martini vorgelegte Gutachten aber beleuchtet, über
die reine Möglichkeit einer Pflegekammer hinaus, die Frage der
Sinnhaftigkeit. Der bpa ist davon überzeugt, dass vor allem diese
Fragestellung weiterhin ausführlich wie kontrovers diskutiert werden
muss.

In Kürze wird ein Wortprotokoll über die Anhörung im Landtag
abrufbar sein. "Das Protokoll kann jeder Bürger im Landtagsamt
abrufen. Die Pflegekräfte können und sollten sich dann selbst ein
Bild darüber machen, wie wenig von dem, was man ihnen mit der
Pflegekammer verspricht, wirklich gehalten werden kann", so Görtz
abschließend.

(4.035 Zeichen inkl. Leerzeichen und Überschriften, VÖ frei, Beleg
erbeten)

bpa e. V.: Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.
V. bildet mit mehr als 7.500 aktiven Mitgliedseinrichtungen (davon
über 900 in Bayern) die größte Interessenvertretung privater Anbieter
sozialer Dienstleistungen in Deutschland. Einrichtungen der
ambulanten und (teil-) stationären Pflege, der Behindertenhilfe und
der Kinder- und Jugendhilfe in privater Trägerschaft sind im bpa
organisiert. Die Mitglieder des bpa tragen die Verantwortung für rund
230.000 Arbeitsplätze und ca. 17.700 Ausbildungsplätze. Das
investierte Kapital liegt bei etwa 18,2 Milliarden Euro.



Pressekontakt:
Joachim Görtz, Leiter der Landesgeschäftsstelle - Tel.: 089 - 8 90 44
83 20


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