(Registrieren)

Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Abiturstandards

Geschrieben am 19-10-2012

Bielefeld (ots) - Nein, zu übereilter Hast neigt die
Kultusministerkonferenz nun wahrlich nicht. Bereits am 7. Juli 1972
hatten die Bildungsminister der Länder die Neugestaltung des
Gymnasialunterrichts beschlossen und dabei vertraglich festgelegt,
dass »die Oberstufe ihre gemeinsame Gestalt in den Ländern der
Bundesrepublik erhält«. Vier Jahrzehnte später verabschiedet die
Ministerkonferenz nun bundesweit einheitliche Abiturstandards, die
von 2017 an greifen sollen. Die Vereinbarung von 1972 ist damit noch
immer nicht einmal ansatzweise erfüllt. Das deutsche Schulsystem
bleibt ein Flickenteppich, an dem 16 Schulminister nach Herzenslust
herumschnippeln dürfen. Das Lob der Fachwelt für den angeblich großen
Wurf fällt entsprechend verhalten aus. Von einem »ersten kleinen
Schritt« spricht Heinz-Peter Meidinger, Vorsitzender des
Philologenverbands. Von einer umfassenden Vergleichbarkeit der
Abiturprüfungen seien die Länder »noch weit entfernt«. Auf dem
Schulzeugnis entspricht das allenfalls einem knappen Ausreichend.
Denn zentrale Standards bedeuten ja keinesfalls bundesweit
einheitliche Abituraufgaben. Festgelegt wird nur, wie hoch die
Messlatte für die Abiturienten in den einzelnen Fächern gelegt werden
soll. Das ist gar nicht so einfach, denn »schwer« oder »leicht«
lassen sich nun einmal nicht so leicht an irgendeiner Skala ablesen.
Als bundesweiter Oberlehrer wird deshalb das Institut für
Qualitätsentwicklung im Bildungswesen Musteraufgaben entwickeln, an
denen sich jedes einzelne Bundesland bei der Erarbeitung seiner
eigenen Abituraufgaben orientieren soll. Abweichungen von Land zu
Land sind damit also noch lange nicht ausgeschlossen, zudem wird die
Bildungsbürokratie weiter aufgebläht. Doch selbst wenn man
unterstellt, dass die Messlatte für alle Abiturienten künftig
annähernd gleich hoch liegen wird, ist noch längst nicht für echte
Vergleichbarkeit gesorgt. Die könnte es nur geben, wenn sich die
Bundesländer auch darauf verständigen, welcher Stoff in welchem Fach
in welchem Umfang vermittelt werden soll. Der bildungsförderale
Flickenteppich ist dafür eine denkbar schlecht geeignete Grundlage.
Entgegen den Versprechungen der Bildungsminister werden Schüler
künftig nicht so leicht von einem ins andere Bundesland wechseln
können; ebenso wenig die Lehrer, auch wenn die Kultusminister
immerhin die Lehramtsabschlüsse in den Ländern gegenseitig anerkennen
wollen. Mit dem wirklichen Leben hat all das wenig zu tun. Mit
welchen Methoden lassen sich das Lernen und das Lehren verbessern?
Wie kann Unterrichtsstoff in Erkenntnis verwandelt werden? Und nicht
zuletzt: Wie kann jedes einzelne Kind dazu befähigt werden, seine
Persönlichkeit zu entfalten? Das sind die wahren Herausforderungen im
Schulunterricht, und das werden sie auch in vier Jahrzehnten noch
sein.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

424127

weitere Artikel:
  • Kölner Stadt-Anzeiger: Parteienrechtler Morlok verteidigt Universität Düsseldorf Köln (ots) - Köln. Der Düsseldorfer Parteienrechtler Professor Martin Morlok hat die Universität Düsseldorf gegen Kritik am Bekanntwerden des Gutachtens über die Doktorarbeit von Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) verteidigt. "Das war kein willentlicher Akt der Universität Düsseldorf, sondern die private Aktion eines Universitäts-Mitglieds", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Online-Ausgabe). "Das ist ein Unterschied und kann nicht der Universität als Ganzer angelastet werden." Inhalte des Gutachtens von Professor mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur EU-Bankenaufsicht Bielefeld (ots) - Die lange Bank, auf die Angela Merkel den Start der EU-Bankenaufsicht geschoben hat, bietet keine Lösung: Im vermeintlich typisch europäischen Kompromiss hat sich die Kanzlerin, so deren Eigenwahrnehmung, durchgesetzt. Begründung: Die neue EU-Behörde kommt vermutlich erst 2014, auf jeden Fall nach der Bundestagswahl. Maximal zwölf Monate Zeitgewinn sind ein schlechtes Ergebnis. Letztlich haben sich Frankreich und die klammen Südländer durchgesetzt. Die Einigung ist, wie meist in Europa, teuer. Zunächst wird eine mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung: zum Piraten-Prozess Halle (ots) - Natürlich, es war ein teures Verfahren, das zwei Jahre lang alle Beteiligten auf eine Geduldsprobe stellte. Natürlich haben auch die Verteidiger recht, man sollte solche Täter besser zu Hause aburteilen und nicht im fernen Hamburg. Aber leider sind die Verhältnisse nicht so. Und deshalb war der Prozess so sinnvoll wie notwendig. Es gibt kein UN-Gericht am Horn von Afrika, das sich um Piraterie kümmert. Es gibt auch keine Nachbarstaaten Somalias, die gefangene Seeräuber aufnehmen wollen. Hätte das Landgericht Hamburg mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung: zum EU-Gipfel Halle (ots) - Die Gemeinschaft muss sich nicht nur an der Frage messen lassen, wie viele Schritte sie bereits zurückgelegt hat, sondern wie groß deren Wirkung ist. Dies lässt sich nicht nur an ausgezahlten Milliardenhilfen oder Zinssätzen für Staatsanleihen ablesen, sondern an der Lebenswirklichkeit der Menschen, die unter der Schuldenkrise leiden. Und da fällt das Fazit eben immer noch niederschmetternd aus. Die Perspektiven für Jobsuchende, Familien mit vielen Kindern und Rentner sind ebenso wichtig. Bei diesem Gipfeltreffen mehr...

  • Mitteldeutsche Zeitung: zu Abitur Halle (ots) - Die deutschen Kultusminister haben sich nun dazu durchgerungen, das Abitur in ihren 16 Ländern zu vereinheitlichen. Das wird endlich Zeit. Auch wenn es nicht um einheitliche Kuverts geht, sondern lediglich darum, dass die Prüfungsanforderungen nicht mehr ganz so weit auseinanderklaffen. Es muss Schluss sein mit dem Gerede vom bayerischen Edelabitur, dem das norddeutsche Wald-und-Wiesen-Abi gegenübersteht. Leider wird auch dieser erste Schritt die Kluft zwischen den Ländern - und damit die Mobilitätshindernisse mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht