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Spitzenausgleich bei der Ökosteuer: Das nächste Milliardengeschenk für die Industrie

Geschrieben am 17-10-2012

Berlin (ots) - Pressemitteilung

Deutsche Umwelthilfe fordert anlässlich der heutigen Anhörung im
Finanzausschuss des Bundestages Stopp des geplanten Gesetzes zur
Fortführung des Spitzenausgleichs - Steuermindereinnahmen des Bundes
in zweistelliger Milliardenhöhe steht praktisch kein Beitrag der
begünstigten Unternehmen zur Energiewende gegenüber - Skandalöses
Vorgehen vor dem Hintergrund der aktuellen Strompreisdiskussion

Die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) hat die Abgeordneten des
Deutschen Bundestages aufgefordert, die im Sommer von der
Bundesregierung im Schulterschluss mit dem Bundesverband der
Deutschen Industrie (BDI) und dem Bundesverband der Energie- und
Wasserwirtschaft (BDEW) ausgehandelte zehnjährige Weiterführung des
so genannten Spitzenausgleichs im Zusammenhang mit der Ökosteuer
abzulehnen. Etwa 18.700 von rund 23.000 begünstigten Unternehmen des
produzierenden Gewerbes müssten im Fall der Verabschiedung des
Gesetzes keinerlei Gegenleistung für ein Steuergeschenk erbringen,
das die deutschen Steuerzahler über zehn Jahre mit weit mehr als 20
Milliarden Euro belastet.

Bei der Anhörung des Finanzausschusses des Bundestages am heutigen
(Mittwoch, 17. Oktober 2012) wies die Leiterin Klimaschutz und
Energiewende der DUH, Rechtsanwältin Cornelia Ziehm darauf hin, dass
es sich bei den durch den Spitzenausgleich Begünstigten ausdrücklich
nicht um energieintensive Unternehmen handelt, die im internationalen
Wettbewerb stehen. Denn diese sind bereits komplett von der Ökosteuer
befreit (§ 9a StromStG, § 51 EnergieStG). Die DUH hält das nun
verhandelte Gesetz zur Weiterführung des Spitzenausgleichs zudem für
europarechtswidrig und hat sich entsprechend an die EU-Kommission
gewandt.

"Wir erleben, wie diese Bundesregierung systematisch große Teile
der Industrie von Stromkosten entlastet, die für viele der
begünstigten Unternehmen in den letzten Jahren ohnehin eher sinken
als steigen. Bei der Ausweitung der Befreiung von der EEG-Umlage ging
das zu Lasten der privaten Haushalte und großer Teile des
Mittelstands, nun soll es die Steuerzahler treffen", erklärte
DUH-Bundesgeschäftsführer Michael Spielmann. Zum Skandal werde diese
Form der Klientelpolitik, dadurch, dass "beispielsweise
Wirtschaftsminister Philipp Rösler, den Erneuerbaren Energien und der
Energiewende jeden Tag die Schuld für steigende Strompreise für
Bürgerinnen und Bürger zuweist, die sie in Wirklichkeit selbst durch
Gesetze wie das zur Fortführung des Spitzenausgleichs befeuert."

Die von der Bundesregierung mit BDI und BDEW im Sommer zum Zweck
der Weiterführung des Spitzenausgleichs abgeschlossene "Vereinbarung
zur Steigerung der Energieeffizienz" diene einzig dem Zweck, eine
nach EU-Recht für die Gewährung von Steuerentlastungen erforderliche
Gegenleistung zu suggerieren und auf diese Weise, die Zustimmung der
EU-Kommission zu erhalten. Die getroffenen Regelungen und
Vereinbarungen widersprechen nach Überzeugung der DUH auch dem von
der Bundesregierung selbst vor zwei Jahren beschlossenen
Energiekonzept. Danach sollten ab 2013 nur solche Betriebe weiter vom
Spitzenausgleich profitieren, die Energieeinsparungen auch
tatsächlich nachweisen. Davon ist im aktuellen Gesetzentwurf jedoch
keine Rede mehr. Im Gegenteil: Die vorgesehenen Regelungen zur
Verbesserung der Energieeffizienz in begünstigten Unternehmen
verpflichten die Unternehmen nicht individuell und erreichen nicht
einmal den erwarteten Trend. Die Reduzierung der Energieintensität im
produzierenden Gewerbe wird nach Einschätzung des
Bundesumweltministeriums (BMU) ohne besondere Anstrengungen der
Unternehmen ("business-as-usual") bei 1,6 bis 1,8 Prozent pro Jahr
liegen. Bis 2016 sollen nach dem aktuellen Gesetzentwurf alle ca.
110.000 Unternehmen des produzierenden Gewerbes (nicht nur die etwa
23.000 begünstigten) einen Zielwert von lediglich 1,3 Prozent bei der
Reduzierung der Energieintensität nachweisen.

Auch die von der Bundesregierung hervorgehobene Einführung von
Energiemanagementsystemen erweist sich nach der Analyse der DUH bei
genauerem Hinsehen als Scheingegenleistung. 18.000 der 23.000 durch
den Spitzenausgleich begünstigten Firmen gehören zu den kleinen und
mittleren Unternehmen (KMU). Sie müssen tatsächlich nur so genannte
Energieaudits nachweisen, die ihnen ohnehin durch die kürzlich
verabschiedete EU-Energieeffizienzrichtlinie zwingend abverlangt
werden. Von den 5.000 verbleibenden Unternehmen betreiben 700 schon
heute Energiemanagementsysteme, um die Besondere Ausgleichsregelung
nach dem EEG in Anspruch nehmen zu können. Allein bei den
verbleibenden 4.300 Unternehmen wären Energiemanagementsysteme als
Voraussetzung für die Begünstigung durch den Spitzenausgleich demnach
etwas "Zusätzliches" - allerdings müssen sie erst ab 2016 installiert
sein. Und: die betroffenen Unternehmen werden darüber hinaus noch
nicht einmal verpflichtet, die aufgrund der aus den
Energiemanagementsystemen gewonnenen Erkenntnisse Maßnahmen zu
Energieeinsparung zu ergreifen.

"Das vorgelegte Gesetz dient allein der Fortführung eines
milliardenschweren Steuerprivilegs für große Teile der Industrie, die
dafür keinerlei messbare Gegenleistung erbringen muss", erklärte
Cornelia Ziehm. Mit Blick auf die gestrige Ankündigung von
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die Ausnahmeregelungen für
Unternehmen bei der EEG-Umlage überprüfen zu wollen, sagte Ziehm:
"Wenn die Bundeskanzlerin das ernst meint, muss sie konsequenterweise
zuallererst das Gesetz über den Spitzenausgleich in der vorgelegten
Form stoppen. Ohne einen nachweisbaren Dienst an Energiewende und
Klimaschutz darf kein Unternehmen entlastet werden".

DUH-Stellungnahme zum Entwurf der Bundesregierung für ein Zweites
Gesetz zur Änderung des Energiesteuer- und Stromsteuergesetzes,
BT-Drs. 17/10744 finden Sie hier:
http://www.duh.de/pressemitteilung.html?&tx_ttnews[tt_news]=2945



Pressekontakt:
Michael Spielmann, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin; Tel.: 030 2400867-0, Mobil: ???; E-Mail: spielmann@duh.de

Dr. Cornelia Ziehm, Leiterin Klimaschutz und Energiewende, Hackescher
Markt 4, 10178 Berlin; Tel.: 030 2400867-0, Mobil: 0160 94182496;
E-Mail: ziehm@duh.de

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik & Presse, Deutsche Umwelthilfe
e.V., Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-21, Mobil:
0171 5660577, E-Mail: rosenkranz@duh.de


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