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Schwäbische Zeitung: Draghi handelt wenigstens - Leitartikel

Geschrieben am 06-09-2012

Leutkirch (ots) - EZB-Präsident Mario Draghi kauft dem Euro noch
einmal ein bisschen Zeit. Damit hat der Italiener dem Druck der
Märkte, der Krisenländer Spanien und Italien und fast aller anderen
Euroländer nachgegeben. Er selbst hatte zudem Ende Juli vollmundig
angekündigt, alles zu tun, um den Euro zu retten. Damit hing die
Latte schon sehr hoch. Die EZB kann die Eurokrise nämlich nicht
lösen. Auch wenn viele es anfangs gerne so gesehen hätten: Draghi ist
kein Super-Mario. Die Krise zu lösen ist auch nicht die Aufgabe der
EZB. Sie soll lediglich die Geldwertstabilität als unabhängige
Institution wahren, woran uns Bundesbankpräsident Jens Weidmann
täglich unermüdlich erinnert. Warum also hat sich Draghi so unter
Druck gesetzt? Jetzt muss er ein Versprechen einlösen, von dem er
weiß, dass es die Kompetenzen der EZB bis in die Grauzone des
Erlaubten ausreizt.

Der Notenbanker stand vor einem Dilemma: Entweder hätte er weiter
darauf warten können, dass endlich die eigentlich zuständigen Stellen
handeln - sprich die europäischen Regierungen und Brüssel. Damit
hätte Draghi jedoch riskiert, dass die Eurozone auseinanderbricht,
bevor sich die Politiker auf Lösungsansätze wie Eurobonds oder
Schuldentilgungspakt einigen. Oder er musste sich auf eine mögliche
Euroentwertung einlassen, indem er noch mehr Geld ins System pumpt.
Für Letzteres hat er sich entschieden. Die Währungshüter kaufen
unbegrenzt Staatsanleihen der Wackelkandidaten - diesmal allerdings
mit Auflagen für die Krisenländer.

Drohende Inflation und der Ruch einer Kompetenzüberschreitung sind
dabei nicht die einzigen unangenehmen Folgen: Ein weiteres Problem
sind die Deutschen. Schon vor der Entscheidung war klar, was das
Streberland der Eurozone von dem Geldsegen für die Krisenländer hält.
Solange aber keine Lösungen von der Politik zu erwarten sind, muss
die EZB einspringen. Zwar ist es gut, wenn einer wie Weidmann den
moralischen Zeigefinger erhebt. Aber Draghi weiß: Krisen löst man
durch Handeln - nicht durch Blockieren.



Pressekontakt:
Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 07561-80 100
redaktion@schwaebische-zeitung.de


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