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Westdeutsche Zeitung: NRW fordert mehr Schutz vor dubiosen Anwalts-Kanzleien = Von Carsten Icks

Geschrieben am 27-07-2012

Düsseldorf (ots) - Ein Euro - das ist der Preis für ein einzelnes
Musikstück bei iTunes & Co. 10 000 Euro - das ist der Preis, wenn das
Lied unerlaubt aus einer Online-Tauschbörse geladen wurde. Klingt
unlogisch? Ist es auch. Doch weil einzelne Gerichte in Deutschland
der Argumentation zwielichtiger Anwälte folgen, können sich Kanzleien
mit Abmahnungen eine goldene Nase verdienen. Sie setzen einen abstrus
hohen Streitwert an und kassieren im Schnitt 800 Euro für einen Brief
aus Textbausteinen. Zahlen müssen meist nicht Kriminelle oder Hacker,
sondern unbescholtene Bürger, etwa Familienväter für einen falschen
Klick ihrer Kinder. Beweise dafür werden - wenn überhaupt - nur auf
undurchsichtigem Weg gesammelt. Doch weil ein Prozess finanzielle
Risiken birgt, zahlen viele Betroffene zähneknirschend.

Das Problem ist lange erkannt. Fast noch ärgerlicher als die
Abmahn-Abzocke an sich ist daher, dass die Politik die Opfer bislang
nicht schützen kann (oder will). Schon im September 2008 hat die
Bundesregierung das Urheberrecht um einen Passus erweitert, der die
Kosten für eine simple Abmahnung auf 100 Euro begrenzt. Angewandt
wurde er von Gerichten nur selten - weil sie den von Kanzleien
geltend gemachten hohen Rechercheaufwand abnickten. Vor zwei Monaten
wurde dann ein Gesetzentwurf aus dem Bundesjustizministerium
öffentlich, der hier nachbessert und den Streitwert auf 500 Euro (und
damit die Gebühren auf 83,54 Euro) begrenzt - wie es jetzt auch
NRW-Justizminister Thomas Kutschaty fordert.

Dass sich die Bundesregierung offenbar nicht einigen kann, ist den
geschätzt vier Millionen Betroffenen kaum zu vermitteln. Denn ein
geringerer Streitwert würde die Musik- und Filmindustrie keineswegs
enteignen. Der Tausch im engen privaten Rahmen ist schon heute
erlaubt. Und die systematische oder gar gewerbsmäßige
Internet-Piraterie könnten die Konzerne weiterhin verfolgen.
Schadenersatzansprüche wären von der Novelle überhaupt nicht berührt.

Wenn Kutschaty der Bundesregierung damit droht, den Schutz vor
Abmahn-Kanzleien über den Bundesrat auf den Weg zu bringen, mag man
das als Sommerloch-Geplänkel bezeichnen. Am Kern der Sache ändert das
nichts: Es ist höchste Zeit, dass die Abzocke aufhört.



Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2370
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de
www.wz-newsline.de


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