(Registrieren)

DER STANDARD-KOMMENTAR Ein Wandel in der Arbeitskultur"" von Conrad Seidl

Geschrieben am 24-07-2012

Der Jubel über die Abschaffung der Invaliditätspension ist
reichlich verfrüht - Ausgabe vom 25.7.2012

Wien (ots) - Bravo! Die befristete Invaliditätspension wird
auslaufen, langsam, aber sicher. Langsam? 2014 mit den dann bis 50
Jahre alten Personen zu beginnen und dann eine Übergangsfrist von 15
Jahren anzuschließen zeugt nicht gerade von Reformtempo. Sicher? Bis
2014 kann noch viel passieren - auf dem politischen Kalender steht
unter anderem 2013 eine Nationalratswahl - und bis 2029 erst recht.
Das am Dienstag durch den Sommerministerrat gewinkte Reformpaket ist
längst nicht so groß und schon gar nicht so umfassend, wie es die
Regierung gerne darstellt.
Es ist dennoch ein Schritt in die richtige Richtung - vor allem, weil
sich die wichtigsten Akteure aus Politik und Sozialpartnerschaft
prinzipiell einig geworden sind, dass die Invaliditätspension zur
Ausnahmeerscheinung werden soll. Zunächst eben dort, wo sie sehr
junge Pensionisten betrifft.
Wer mit nicht einmal 50 Jahren in Pension geht, ist ja wirklich ein
armer Teufel: Zu den ärztlich festgestellten körperlichen und (immer
öfter) psychischen Beschwerden kommt ein beträchtliches
Verarmungsrisiko. Invaliditätspensionisten, die mit 957 Euro pro
Monat bis an ihr Lebensende (Lebenserwartung eines 50 Jahre alten
Mannes: weitere 28,2 Jahre) auskommen müssen, sind wahrlich nicht zu
beneiden.
Dass dennoch so viele Menschen unter 50 Jahren - 7200 im vergangenen
Jahr - in die Pension drängen, ist wohl in vielen Fällen darauf
zurückzuführen, dass sie keine Alternative haben. Man redet sich
vielleicht ein, dass man den Ruhestand genießt; aber eigentlich hat
man ihn sich anders vorgestellt.
Genau genommen: Man hat sich auch die Arbeitswelt anders
_vorgestellt, den Berufsweg, das Ende der Karriere. Tatsächlich aber
zeigt sich für viele Betroffene, dass die Arbeit krank macht. Sie
erleben, dass man am Arbeitsplatz schlecht gelitten ist, wenn man
älter ist - und als "älter" gilt man für manche Arbeitgeber und
einige Kollegen bereits mit Erreichen des 40. Geburtstags. Irgendwann
kann man dann nicht mehr.
Nicht mehr am bisherigen Arbeitsplatz. Und man stellt überrascht
fest: Leider gibt es auch keinen anderen. Bleibt die Flucht in
Krankheit und Invaliditätspension. Dieser Fluchtweg wird nun
versperrt - und das ist gut so. Aber wie das halt so ist mit
versperrten Fluchtwegen: Sie können zur Falle werden.
Sozialminister Rudolf Hundstorfer weiß als alter Gewerkschafter
natürlich genau um die Forderungen, die der ÖGB vor zehn Jahren an
die Regierung gerichtet hat: Damals hieß es, dass eine Erhöhung des
Pensionsalters nur dann infrage komme, wenn die Menschen länger bei
voller Gesundheit im Beruf bleiben können. Nun muss Hundstorfer
selbst dafür sorgen.
Und er hat immerhin vielversprechende Ansätze: mehr medizinische
Rehabilitation, ein umfangreiches Umschulungsprogramm, ganz nebenbei
auch noch ein Maßnahmenbündel für Menschen mit Behinderung.
Worum es aber eigentlich geht, ist ein Wandel in der Arbeitskultur:
So wichtig es ist, die Probleme einzelner arbeitswilliger, aber
vorläufig nicht leistungsfähiger Arbeitskräfte durch gezielte Hilfe
anzugehen, so wichtig ist es auch, die Arbeitgeber in die Pflicht zu
nehmen. Die Menschen brauchen Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen,
die das Wohlbefinden fördern und Erkrankungsgefahren abwenden - nicht
erst, wenn sie sich dem Pensionsalter nähern.

Rückfragehinweis:
Der Standard
Tel.: (01) 531 70 DW 445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

408249

weitere Artikel:
  • junge Welt: Vorsitzender des bayerischen NSU-Untersuchungsausschusses: Verfassungsschutz führte in Bund und Ländern über viele Jahre unkontrolliertes Eigenleben Berlin (ots) - Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses zum Neonaziterror im Bayerischen Landtag, Franz Schindler (SPD), will die parlamentarische Kontrolle über die Geheimdienste stärken, warnt aber zugleich vor falschen Konsequenzen: »Wir haben immer noch aus guten Gründen ein Trennungsgebot zwischen Polizei und Geheimdienst«, sagte der Politiker der Tageszeitung junge Welt (Mittwochausgabe). »Das darf aber nicht bedeuten, dass der Verfassungsschutz seinen Informationspflichten nicht nachkommt, wenn er merkt: Da braut sich was mehr...

  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Moody's & Co. Bielefeld (ots) - Moody's bewertet die Aussichten für Deutschlands Kreditwürdigkeit schlechter. Überraschen kann das eigentlich nicht. Die Entscheidung folgt der Logik der bisherigen Notenfindung durch Moody's & Co. Infolgedessen ist schon jetzt auch programmiert, dass die Bestnote AAA in vermutlich sechs Monaten oder sogar früher fallen wird. Schließich kann, wer die Kreditwürdigkeit Griechenlands, Irlands und Portugals herabgestuft hat, nicht daran vorbei gehen, dass die EU diesen Ländern Hilfen in Höhe von insgesamt 223,3 Milliarden mehr...

  • Badische Neueste Nachrichten: Eine Frechheit Karlsruhe (ots) - Auch Ratingagenturen können irren. Als die Finanzkrise schon am Horizont zu sehen war, haben sie viele vergiftete Hypothekenpapiere in den USA noch mit ihren Bestnoten geadelt. Und selbst jetzt, da Europa verzweifelt versucht, Griechenland, Spanien und vielleicht auch noch Italien zu retten, blendet eine Agentur aus durchsichtigen Motiven alle politischen Anstrengungen zur Stabilisierung der Euro-Zone aus und verliert sich stattdessen in Eventualitäten. Den Ausblick für Deutschland auf "negativ" zu korrigieren, mehr...

  • Neue Westfälische (Bielefeld): Ratingagentur droht Deutschland Nachdenken statt kritisieren SABINE BRENDEL, BRÜSSEL Bielefeld (ots) - Es wäre zu einfach, die Ratingagentur Moody's zu verdammen, weil sie Deutschlands Spitzen-Kreditwürdigkeit nun kritischer sieht. Denn schließlich zählt Moody's nur auf, woran es bei der Euro-Rettung hapert. Und wo Risiken für Deutschland sowie die anderen Euro-Retter schlummern. Neues ist nicht dabei. Trotzdem sollten die Politiker in Deutschland und Europa den Bericht der Ratingexperten lesen. Und gut über die Kritik an ihrem Krisenkampf nachdenken. Da die Europäer auf die Krise "stets rückwirkend und abwägend" mehr...

  • WAZ: Ein Warnruf für Berlin. Leitartikel von Walter Bau Essen (ots) - Stürzt ein Staat, reißt er den nächsten mit - in die Pleite. Die Angst vor diesem fatalen Domino-Effekt geht in Europa um, seit sich die griechische Malaise zu einer Krise auswuchs, die den gesamten Euroraum bedroht. Und nun gerät sogar der Euro-Riese Deutschland ins Visier der Rating-Agenturen. Der skeptische Ausblick der Agentur Moody's scheint die Sorgen nun zu bestätigen: Wenn sogar Deutschland und Luxemburg Probleme mit der Bonität drohen, ist die Gemeinschaftswährung insgesamt in Gefahr. Ein Warnruf, der in Berlin mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht