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Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zur deutschen U-Boot-Lieferung an Israel: "Atomares Wettrüsten"

Geschrieben am 05-06-2012

Regensburg (ots) - Atomwaffentaugliche U-Boote für Israel sind
Teil der deutschen Staatsräson. So offen wird das in der
Bundesregierung zwar niemand sagen. Doch die Erklärungen aus der
Hauptstadt lassen diese Lesart zu. Die offizielle Argumentation
lautet: Wir liefern die U-Boote. Was die Israelis damit machen, ist
dann ihre Sache. Doch die Bundesrepublik hat nicht irgendwelche
Waffen geliefert. Die Hightech-Boote wurden bereits auf der deutschen
Werft so konstruiert, dass man Atomraketen damit abfeuern kann. Also
nahm es die Bundesregierung zumindest billigend in Kauf, dass Israel
ein schwimmendes Kernwaffenarsenal aufbaut - in einer der
explosivsten Regionen der Welt. Angela Merkel hat vor vier Jahren ein
großes Versprechen gegeben. Das Existenzrecht Israels sei Teil der
deutschen Staatsräson, erklärte die Kanzlerin 2008 vor der Knesset.
Angesichts der Bedrohung Israels durch den Iran haben es diese Worte
in sich. Sie lassen weitreichende Interpretationen für den Kriegsfall
zu, bis hin zum Einsatz der Bundeswehr an der Seite israelischer
Soldaten. Doch über die Auslegungsmöglichkeiten ihres Versprechens
hüllte sich Merkel bislang in Schweigen. Mit den nun
bekanntgewordenen Details zum deutschen U-Boot-Export erscheinen die
Äußerungen in neuem Licht: Israel bekommt von Deutschland alles, was
es aus militärischer und sicherheitspolitischer Sicht für nötig
erachtet - auch wenn die Grundsätze für den Kriegswaffenexport
überstrapaziert werden. Wie weit sich die Kanzlerin vorwagte,
verdeutlichte Bundespräsident Joachim Gauck, als er vor wenigen Tagen
ganz bewusst andere Worte wählte. Das Wohl Israels sei bestimmend für
die Politik. Gleichzeitig relativierte er aber den Begriff der
Staatsräson, indem er vor einer "Überforderung" Deutschlands warnte.
Diese Überforderung würde im Fall eines militärischen Konflikts
schnell eintreten. Natürlich steht die Bundesrepublik in einer
historischen Verantwortung für die Sicherheit Israels. Das haben auch
die Vorgänger Merkels und Gaucks stets zurecht betont. Israel ist von
Feinden umzingelt. Immer wieder musste es sich in den vergangenen
Jahrzehnten gegen Angriffe wehren. Deutschland stand Israel dabei zur
Seite - politisch, moralisch und auch mit Waffenexporten. So lieferte
die Bundesregierung während des Irakkriegs Patriot-Raketen nach
Israel, um die Zivilbevölkerung zu schützen. Die damalige
Entscheidung der rot-grünen Koalition von Kanzler Gerhard Schröder
stand durchaus im Zeichen der Kontinuität deutscher Außenpolitik und
war politisch auch zu rechtfertigen, weil es sich um reine
Defensivwaffen handelte. Unter dem Eindruck der damaligen Bedrohung
Israels brachte Schröder auch die ersten Verträge über die nun so
heftig diskutierten U-Boote auf den Weg. Kein Wunder, dass sich SPD
und Grüne heute so auffällig mit Kritik an dem Rüstungsgeschäft
zurückhalten. Seit Schröders Plazet zum U-Boot-Deal hat sich die Lage
in Nahost jedoch dramatisch verändert. Der iranische Präsident droht
damit, Israel von der Landkarte zu radieren. Gleichzeitig beliefert
das Mullah-Regime die Hisbollah-Milizen mit Waffen und Sprengstoff
für Terroranschläge im Heiligen Land. Der wichtigste Nachbar Ägypten,
einst ein Garant für Sicherheit an den Grenzlinien zu Israel, steht
vor einer unsicheren Zukunft. Bald könnte dort ein Islamist zum
Präsidenten gewählt werden. Niemand kann sagen, ob die Moslembrüder
künftig den israelisch-ägyptischen Freundschaftsvertrag achten. Auch
die Entwicklung in Syrien ist ungewiss. Das in Zeitlupe implodierende
Regime wird vielleicht zu einem Dauer-Konfliktherd. Angesichts dieser
Szenarien bedeuten U-Boote mit Atomraketen eine gefährliche
Eskalationsstufe. Natürlich erhöht die Nuklearmacht Israel die
abschreckende Wirkung auf ihre Feinde. Gleichzeitig steigen aber die
Begehrlichkeiten in den Ländern der Region, selbst Kernwaffen zu
besitzen. Damit droht ein atomares Wettrüsten in Nahost. Die
Bundesregierung hat Israel einen zweifelhaften Freundschaftsdienst
erwiesen. Autor: Stefan Stark



Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de


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