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DER STANDARD - Kommentar "Konkurrenz für Grün und Blau" von Alexandra Föderl-Schmid

Geschrieben am 30-03-2012

Eine Partei wie die Piraten muss in Österreich gegen
Obrigkeitsgläubigkeit kämpfen - Ausgabe vom 31.3./1.4. 2012

Wien (ots) - Kann die Piratenpartei das neue Liberale Forum
werden? Nach einer diese Woche getroffenen Einschätzung des deutschen
Instituts für Wahl-, Sozial- und Methodenforschung hat eine
Piratenpartei in Österreich gute Chancen, "da genauso wie in
Deutschland das sozialliberale Wählersegment (früher Liberales Forum)
weitgehend verwaist ist".
Die Vergangenheit hat jedoch gezeigt: Wenn es um konkrete Inhalte
geht, wollen die Österreicher doch am traditionellen Familienbild
festhalten und sind nicht für eine Partei, die die Homoehe
propagiert. Und am steuerbegünstigten 13. und 14. Monatsgehalt wollen
sie genauso wenig rütteln.
Außerdem spielt das Thema Freiheit in all seinen Facetten in
Österreich keine so starke Rolle wie in Deutschland. Der Zuspruch zum
neuen deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck ist auch damit zu
erklären, dass sein Lebensthema Freiheit im einst geteilten
Deutschland einen konkreten Erfahrungshintergrund hat.
Das Eintreten für Bürgerrechte, das insbesondere die FDP mit
Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (früher Gerhart
Baum und Burkhard Hirsch) vertritt, nehmen hiesige Parteien nicht so
wichtig. Der FPÖ sind Themen wie Vorratsdatenspeicherung zu komplex,
um sie populistisch verwerten zu können. Die Grünen kümmern sich ein
bisschen darum, Kernanliegen ist es keines.
Seit der Kaiserzeit gibt es in Österreich eine starke Hierarchie- und
Obrigkeitsgläubigkeit. Viele sehen keine Notwendigkeit, gegen den
Staat ihre Rechte zu verteidigen - oder sich aus ihrer
Versorgungsmentalität zu lösen. Eine Partei wie die Piraten, die
keine klare hierarchische Struktur hat, dürfte vielen daher suspekt
sein.
Schimpfen gegen "die da oben" ist einfacher, als sich selbst zu
engagieren. Ob der Frust über die etablierten Parteien und ihre
Skandale auch in Österreich groß genug ist, sich aufzuraffen, wird
sich zeigen: auch daran, ob das am Freitag gestartete überparteiliche
Demokratiebegehren MeinOE - angeführt vom grünen Ex-EU-Abgeordneten
Johannes Voggenhuber und dem ehemaligen Salzburger SP-Chef Wolfgang
Radlegger - genügend Unterschriften erhält. Das Bildungsvolksbegehren
bekam weniger als erwartet.
Auf jeden Fall ist in Österreich Bewegung, wie die diversen
Initiativen und Plattformen zeigen. Außerdem gibt es ein
beträchtliches Wählerpotenzial. Die "Partei der Nichtwähler" lag mit
1,3 Millionen Personen _bei der vergangenen Nationalratswahl weit vor
Grünen und FPÖ am dritten Platz. Übrigens blieb auch jeder sechste
frühere Grün-Wähler zu Hause.
Die Grünen sind derzeit nicht in Korruptionsskandale verwickelt. Aber
auch für sie ist die Piratenpartei eine ernst zu nehmende Konkurrenz,
wie sich auch bei den Wahlen in Berlin und im Saarland gezeigt hat.
Die meisten der Piraten-Sympathisanten in Deutschland _- fast vierzig
Prozent - geben an, diese Partei zu präferieren, weil sie einen
Denkzettel verteilen wollen und sich frischen Wind erhoffen. Nur elf
Prozent sehen eine Übereinstimmung mit Inhalten. Wenn es vor allem um
Protest geht: Eine solche Bewegung kann auch der FPÖ gefährlich
werden, die insbesondere bei jungen Wählern mobilisieren und
Proteststimmen einsammeln konnte.
Ob die Piraten in der Parteienlandschaft Fuß fassen können, muss sich
auch in Deutschland erst zeigen. Das Beispiel des Liberalen Forums
zeigt, dass es in Österreich nicht so einfach ist, dauerhaft im
Parlament zu bleiben.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom


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