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WAZ: Die Kandidaten, die Bürgerrechtler. Leitartikel von Ulrich Reitz

Geschrieben am 29-02-2012

Essen (ots) - Ein Bürgerrechtler wirft Beate Klarsfeld
Stasi-Kontakte vor. Ein anderer Bürgerrechtler warnt vor Joachim
Gauck, weil der gar kein richtiger Bürgerrechtler gewesen sei.
Seltsam, das alles. Und unappetitlich. Klarsfeld ist eine verdiente
Nazi-Jägerin. Man darf unterstellen, dass sie bei ihrer schwierigen
Aufgabe mit Geheimdiensten zusammengearbeitet hat.
Nationalsozialisten hatten sich nach dem Untergang des so genannten
Dritten Reiches überall auf der Welt versteckt. So gut, dass man
nicht mal eben die Polizei vorbei schicken konnte. Weshalb sollte
sich Klarsfeld nicht der Informationen der DDR-Auslandsaufklärung
bedienen? Sie wurde doch dadurch nicht zur Komplizin eines
Unterdrückerstaates. Gauck war kein Widerstandskämpfer, der schon
Anfang der achtziger Jahre mit Pistolen oder Parolen gegen die DDR
gearbeitet hätte. Gauck war nicht Biermann. Er behauptet das aber
auch nicht. Jedenfalls hat Gauck dann vor dem verdienten Untergang
der DDR 1989 die friedliche Revolution mitorganisiert und ihr eine
Stimme gegeben. "Die" Bürgerrechtler gab es nicht. Es gab keine
einheitliche Organisation, Mitgliedsausweis inklusive. Es war in der
DDR anders als in Polen, wo sich patriotisch-christlich gesinnte
Gewerkschafter gegen das Regime organisierten. Die Opposition in der
DDR war klein, ihre Motive drifteten auseinander. Anfangs hielten die
allerwenigsten Oppositionellen die DDR für einen Irrtum. Sie wollten,
wie Gauck, das Land von innen reformieren. Eine Revolution wollten
die wenigsten von ihnen, und dann auch erst, als aus "Wir sind das
Volk" "Wir sind ein Volk" geworden war, nach der Volkskammerwahl im
März 1990 und der Währungsunion. Das Neue Forum, in dem auch Gauck
sich engagierte, war gegen die deutsche Einheit, schon gar gegen den
so genannten "Anschluss". Als ob es, wenn eine große Demokratie mit
einer kleinen Diktatur zusammenkommt, etwas anderes geben könnte -
wobei man nicht vergessen darf, dass auch eine Reihe prominenter
Westdeutscher für eine Staats-Neugründung nach Grundgesetz-Artikel
146 war und gegen einen Beitritt nach Artikel 23. Fazit: Über die
meisten Bürgerrechtler, die vielen Pfarrer, ist die Zeit
hinweggegangen. Sie sind vergessen, manche hadern damit. Joachim
Gauck ist nicht Geschichte, sondern Zukunft. Das erklärt die Angriffe
von gestern.



Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 - 804 6519
zentralredaktion@waz.de


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