(Registrieren)

Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Gauck und Merkel

Geschrieben am 20-02-2012

Bielefeld (ots) - Joachim Gauck wird der beste Bundespräsident
aller Zeiten, und die von der FDP düpierte Kanzlerin Angela Merkel
ist die große Verliererin des Kandidatenpokers. Das sind auf den
ersten Blick die beiden Botschaften des Wochenendes. Aber stimmen sie
auch? Gauck bringt ganz sicher vieles mit, um ein gutes
Staatsoberhaupt zu werden. Den Vergleich mit seinen beiden Vorgängern
muss der 72-Jährige gewiss nicht scheuen. Ob das jedoch reicht? Die
Erwartungshaltung ist riesig - im Volk wie bei den Parteien. Die
Fallhöhe ist es auch. »Nicht gewaschen und verwirrt«, wie er sich in
der Pressekonferenz am Sonntag selbst beschrieb, werden wir Gauck
zukünftig bestimmt nicht mehr erleben. Unstrittig ist auch, dass er
die Kunst der Rede meisterlich beherrscht. Und gerade seine
Freiheitsliebe dürfte den Deutschen, für die ja im Zweifel stets die
Sicherheit vorgeht, guttun. Doch Joachim Gauck wird kein
pflegeleichter Präsident sein. Gerade den Parteien, die sie sich
seine Erfindung zugute halten und darüber vor Genugtuung fast zu
platzen drohten, dürfte er noch manche Zumutung bescheren.
Enttäuschungen inklusive. Überhaupt muss man feststellen, dass
zwischen dem Bundespräsidenten der Herzen von 2010 und dem
Bundespräsidenten in spe von 2012 mehr als nur 20 Monate liegen.
Zuletzt haben Gaucks Äußerungen zu den Demonstrationen gegen
Stuttgart 21 Kritik hervorgerufen. Er warnte vor einer Protestkultur,
»die aufflammt, wenn es um den eigenen Vorgarten geht«. Die
Occupy-Bewegung nannte er im gleichen Atemzug »unsäglich albern«. Bei
alledem mangelt es ihm nicht an Selbstbewusstsein und Geltungsdrang,
was im Aufregungsbetrieb Berlin nicht immer ein Vorteil sein muss.
Gauck wird seine Redefreude und seine Spontaneität zügeln müssen. Und
Angela Merkel? Die Kanzlerin hat am Wochenende lernen müssen, dass
sich sogar eine am Boden liegende FDP nicht unbegrenzt demütigen
lässt. Dass die Liberalen im Zweifel sogar den Koalitionsbruch in
Kauf genommen hätten, um sich einen Rest an Selbstachtung zu wahren,
dürfte die CDU-Vorsitzende überrascht haben. Ein großer Schaden aber
muss ihr daraus nicht zwangsläufig entstehen. Ihr Einlenken in
letzter Minute bringt ihr mindestens soviel Respekt in der
Bevölkerung ein, dass die Häme der politischen Konkurrenz zu
verkraften ist. Und spätestens mit der Wahl am 18. März ist das Thema
Gauck fürs erste ohnehin durch. Die Atomwende lässt grüßen. Eine
andere Frage ist, was der Koalitionskrach für die Zukunft von
Schwarz-Gelb bedeutet. Aus Mangel an Alternativen werden die Partner
vorerst aneinander festhalten. Jedoch hat die FDP die Tür mindestens
einen Spalt weit in Richtung Ampelkoalition geöffnet. Mit Blick auf
die Bundestagswahl 2013 könnten die bisher recht starren Parteilager
in den nächsten Monaten noch gewaltig in Bewegung geraten



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

379313

weitere Artikel:
  • Schwäbische Zeitung: Erbärmlicher Zustand - Leitartikel Leutkirch (ots) - Die Koalition stand vor dem offenen Bruch und die international auf dem Zenit stehende Kanzlerin ist innenpolitisch geschwächt. Die überparteiliche Suche nach dem Besten für das oberste Staatsamt wurde zur eiskalten Pokerpartie um Macht, zu einer Niederlage für Angela Merkel und zum Beleg der Erosion ihrer Regierung. FDP-Chef Philipp Rösler bewies plötzlich Härte und düpierte seine Chefin Merkel. Berliner Insider beschrieben den Gefühlszustand der Kanzlerin mit den Worten "stinksauer" und dürften bei dieser Wortwahl mehr...

  • Schwäbische Zeitung: Die Argumente fehlen - Kommentar Leutkirch (ots) - Wenn das Parteibuch ausschlaggebend für die Besetzung eines Verwaltungspostens scheint, hat das immer ein G'schmäckle. Bundesentwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP) hatte sich bezüglich seiner gelben Personalpolitik Ende Januar einiges anhören müssen - von der Opposition im Bundestag. Natürlich will Ministerpräsident Kretschmann sicherstellen, dass nach 58 Jahren CDU an der Macht, die grün-roten Ideen von den Menschen in der Verwaltung mitgetragen werden. Allerdings hat er im vergangenen Jahr nicht einmal mehr...

  • Schwäbische Zeitung: Garantie ist keine Lösung - Kommentar Leutkirch (ots) - Arbeitgeber haben nicht immer recht. Aber ihre Kritik an der Gewerkschaftsforderung, Lehrlinge nach der Ausbildung grundsätzlich in ein Arbeitsverhältnis zu übernehmen, ist stimmig. So viel Fairness lässt sich nicht erzwingen. Im Zweifel bekommen Schwächere bei solchen Vorgaben erst recht keine Chance. Dabei wären die Rahmenbedingungen so gut wie lange nicht mehr: Chefs mit Hirn können sich schon seit einigen Jahren ausrechnen, wann gute Mitarbeiter endgültig Mangelware sein werden. Die Ausbildungsbereitschaft mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Russland / Putin Osnabrück (ots) - Mehr als Getöse Wer Wladimir Putin wählt, der wählt ein militärisch starkes und selbstbewusstes Russland. Einen Staat, der sich weder einschüchtern noch bedrohen lässt und auf Kriegseinsätze stets vorbereitet ist. Diese Botschaft steckt vordergründig hinter den vollmundigen Versprechungen des russischen Regierungschefs, mehr als eine halbe Billion Euro in die Modernisierung der Verteidigung zu investieren. Kurz vor den Präsidentschaftswahlen wettert der Kandidat wie gewohnt propagandistisch gegen die US-Raketenabwehr. mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Griechenland Osnabrück (ots) - Der griechische Patient Noch einmal 130 Milliarden Euro Hilfe: Was nach großem Fortschritt klingt, ist nicht mehr als eine Notoperation, die dem griechischen Patienten kurzfristig Luft verschafft. Trotzdem kann er noch ersticken. So besteht die Gefahr, dass die Not leidende griechische Wirtschaft stranguliert wird. Denn die Finanzhilfen sind an extrem strenge Sparmaßnahmen geknüpft: die Ausdünnung des Staatsdienstes, Entlassungen, Lohn- und Rentenkürzungen. All dies trägt zwar dazu bei, die zu hohen Staatsausgaben mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht