(Registrieren)

Westdeutsche Zeitung: Afghanistan = von Anja Clemens-Smicek

Geschrieben am 12-01-2012

Düsseldorf (ots) - Der Krieg in Afghanistan ist für die meisten
Menschen weit weg. Das gilt in Deutschland genauso wie in den anderen
Isaf-Nationen. Anschläge werden als Randnotiz registriert, und wenn
ein Soldat sein Leben verliert, flammt reflexartig eine nur kurze
Rückzugsdebatte auf. Das ganze Ausmaß des Grauens wird leider erst
durch Bilder fassbar, die aus Privathand in die Öffentlichkeit
gelangen. Jetzt sind es 39 abscheuliche Sekunden eines Videos, die in
der arabischen Welt mehr Sprengkraft haben dürften als 100
US-Bataillone.

Dass es sich bei der Tat um einen Verstoß gegen internationales
Kriegsrecht handelt, ist nur die juristische, marginale Seite der
Medaille. Die Täter werden ausfindig gemacht, vor Gericht gestellt
und zu langen Haftstrafen verurteilt. Das war das Procedere nach den
Misshandlungen und Erniedrigungen von irakischen Gefangenen im
US-Militärgefängnis Abu Ghoreib, und das folgte auf die Bilder von
US-Soldaten, die aus Spaß afghanische Zivilisten getötet und mit den
Leichen posiert hatten. Wie ein Mantra verurteilen die USA
anschließend das Verhalten ihrer Armee-Angehörigen aufs Schärfste -
lernen tun sie daraus jedoch nichts. Dabei hat allein Abu Ghoreib das
Bild der freien Welt im gesamten muslimischen Raum nachhaltiger
beschädigt als der gesamte Irak-Feldzug.

Auch die aktuelle Tat ist ein schwerer Rückschlag für die Nato,
damit werden alle Versuche einer Verständigung mit den Aufständischen
torpediert. Die Stimmung in Afghanistan ist schon vor geraumer Zeit
umgeschlagen - gegen die Isaf, die mit dem Versprechen gekommen war,
Wohlstand und Demokratie zu bringen, aber noch nicht einmal ein
Grundmaß an Sicherheit schafft. Die Taliban nehmen so ein Video
dankbar auf, um an jeden einzelnen getöteten Zivilisten seit Beginn
des Krieges zu erinnern und den Hass auf die "Besatzer" zu schüren.
Das ist die andere Seite der Medaille.

Nicht nur die USA, sondern alle Isaf-Staaten sollten sich zudem
fragen, ob sie ihre Soldaten genügend auf die Gewalterfahrung
vorbereiten. Todesangst, Gefechte, extreme Lebensumstände - all das
ist keine Entschuldigung für menschenverachtende Taten. Aber es ist
vielleicht ihr Auslöser. Und sie sollten sich endlich eingestehen:
Dieser Krieg ist nicht zu gewinnen.



Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

372689

weitere Artikel:
  • WAZ: Altbacken. Kommentar von Birgitta Stauber-Klein Essen (ots) - Damals, im Frühsommer des vergangenen Jahres, da passte noch kein Blatt Papier zwischen die drei smarten FDP-Jungmänner Rösler/Bahr/Lindner. Damals ließen sie sich feiern als Wundertruppe, die eine am Boden liegende Partei auf Vordermann bringen sollte: mit liberaler Steuer-, Gesundheits- oder Europapolitik, die nun zur reinen Blockade geworden ist. Frauenpolitik passte da gar nicht rein. Über die Quote wurde in diesen Frühsommertagen erst gar nicht geredet, obwohl die Koalitionspartner CDU/CSU erbittert darüber stritten. mehr...

  • WAZ: Gesetz des Krieges. Kommentar von Christopher Onkelbach Essen (ots) - Die Würde des Menschen ist unantastbar. Mit dem ersten Artikel des Grundgesetzes und Werten wie Respekt, Nächstenliebe und Achtung des Anderen im Gepäck ziehen die Soldaten nach Afghanistan. Die Realität dort hat damit nicht das Geringste zu tun. Im Krieg werden diese Grundsätze zu blutleeren Hülsen. Was macht der Krieg aus Menschen? Man muss nicht an Abu Ghraib erinnern, wo US-Soldaten irakische Gefangene misshandelten. An das Wikileaks-Video von US-Hubschrauberpiloten, die höhnisch jubeln, während sie auf Menschen mehr...

  • WAZ: Hürden für Migranten. Kommentar von Rusen Tayfur Essen (ots) - Ein Haufen Zahlen alleine sagt noch nicht viel aus. Und so kann man den zweiten Integrationsbericht der Bundesregierung lesen, wie man mag. Als Erfolgsgeschichte - mehr Menschen mit Migrationshintergrund finden einen Job oder Ausbildungsplatz, machen hochwertige Schulabschlüsse, schicken ihre Kinder in die Kita. Oder als Bericht des Scheiterns. Schließlich hinkt diese Gruppe, zu der immerhin mehr als 16 Millionen in unserem Land lebende Menschen zählen, immer noch in allen Bereichen hinterher. Es wird immer Leute geben, mehr...

  • Weser-Kurier: Der Bremer "Weser-Kurier" schreibt zur Klageflut gegen Hartz IV: Bremen (ots) - Die anhaltende Klagewelle macht eines deutlich: Für die betroffenen Menschen und auch zum Teil für jene, die sie umsetzen müssen, sind die Hartz-IV-Gesetze viel zu häufig undurchschaubar. Es geht ihnen wie den meisten Menschen im Umgang mit dem Steuerrecht: Sie empfinden es als zu kompliziert, kritisieren die vielen Ausnahmetatbestände, die keiner mehr nachvollziehen kann. Wer auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen ist, fühlt sich der Bürokratie gegenüber ohnmächtig. Pressekontakt: Weser-Kurier Produzierender Chefredakteur mehr...

  • Neue Presse Hannover: Respekt muss man sich verdienen Kommentar von Inken Hägermann Hannover (ots) - Peter Altmeier ist schon ein Spaßvogel. "Stillos und falsch" sei es, dass Journalistenverband und Transparency International nicht zum Neujahrsempfang des Bundespräsidenten gegangen sind, schimpft der Unionsfraktionsgeschäftsführer und mahnt, dass man vor Amt und Amtsinhaber Respekt haben müsse. Altmeier fordert ein, was Öffentlichkeit und Presse bei Christian Wulff in den vergangenen Wochen vergebens suchten. Stillos und falsch war sein Verhalten in der Kredit- und Urlaubsaffäre - und zwar von Anfang bis Ende. Besonders mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht