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Schwäbische Zeitung: Realität schlägt Religion - Leitartikel

Geschrieben am 20-10-2011

Leutkirch (ots) - Natürlich ist der Tod von Gaddafi eine
Weltnachricht. Der libysche Despot war einer der Lieblinge der
Zyniker-Gilde. Wem sonst war es zu Lebzeiten vergönnt, vom
Terroristen zum guten Freund zu mutieren? Am Ende wurde der Vertraute
wieder gejagt, und dann fiel den Häschern auch plötzlich ein, mit was
für einem schlimmen Gesellen man doch Jahre zuvor blendende Geschäfte
gemacht hatte. Als die Öl-Millionen sprudelten, waren die Terroropfer
Geschichte. Als der innerlibysche Widerstand gegen den Diktator
wuchs, die Anzeichen sich mehrten, dass sich der Oberst nicht werde
halten können, dachte der Westen fix um. Schnell erinnerte man sich
an die schlimmen Menschenrechtsverletzungen, war entsetzt über Folter
und Unterdrückung. Opportunismus, Doppelmoral, sie feierten fröhlich
Urständ.

Doch was bedeutet der Tod Gaddafis für den Nahen Osten? Nichts. Er
ist irrelevant. Die Entmachtung hat schon längst vor Monaten
stattgefunden. An der Spitze der Bewegung haben sich Großbritannien
und Frankreich sehr gute Ausganspositionen im wahrsten Sinne der
Bedeutung erkämpft. Die Auftragsbücher britischer und französischer
Firmen werden in den kommenden Jahren gut gefüllt sein.

Doch viel interessanter ist eine andere Tatsache. Die Realität
schlägt die Religion. Iraks Diktator Saddam hatte den Heiligen Krieg
und das Märtyrertum bemüht. Gaddafi versuchte zu belegen, dass er in
direkter Linie zum Propheten stünde. Die hinter vorgehaltener Hand
immer wieder vertretene These, im Nahen Osten brauche man Despoten,
um die Religiösen auf der Straße, um die Islamisten zu verhindern,
ist nicht mehr zu halten. Wäre sie zutreffend, dann säße Gaddafi noch
heute sicher im Sattel. Was an und für sich seinen alten Männerfreund
Silvio Berlusconi gefreut hätte. Noch 2008 waren beide beinahe
unzertrennlich, eng verbunden durch Geschäftsinteressen, doch gestern
kommentierte Italiens Regierungschef lakonisch. "So vergeht der
Ruhm." Für Zyniker eine mehr als gelungene Aussage.



Pressekontakt:
Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 07561-80 100
redaktion@schwaebische-zeitung.de


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