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NRZ: Tod eines Diktators - Kommentar zu Muammar al-Gaddafi. Von Rüdiger Oppers

Geschrieben am 20-10-2011

Essen (ots) - Gaddafis Ende war absehbar. Musste er sterben?
Hoffentlich bleibt die Antwort auf diese Frage nicht zu lange vom
"Nebel des Krieges" verborgen. Viele Details um den Tod des libyschen
Diktators sollten schnell geklärt werden. Vermutlich starb der selbst
ernannte "Revolutionsführer" in einem Gefecht. Dieses Schicksal hatte
er sich ja selbst ausgewählt und in seiner schrillen Propaganda oft
genug angekündigt.

Mitleid kann man kaum erwarten. Aber die irritierenden Gerüchte um
Gaddafis Ende verbreiten sich so schnell wie eine Twitter-Nachricht
nur sein kann. Angeblich waren ausländische Spezialeinheiten am
Einsatz beteiligt. Angeblich wurde er ohne Gegenwehr "liquidiert".
Nun sind der nationale Übergangsrat und die in Libyen militärisch
engagierte Staatengemeinschaft verpflichtet, das Geschehen schnell
und rückhaltlos aufzuklären. Es ist in ihrem eigenen Interesse, der
wild wuchernden Legendenbildung vorzubeugen. Nur so haben sie die
historische Chance, das Kapitel "Gaddafi" zu schließen.

Ein Anlass zur Freude kann der Tod eines Menschen nicht sein -
selbst wenn einem der bizarrsten und brutalsten Diktatoren unserer
Zeit nun die irdischen Folterwerkzeuge aus der Hand genommen sind.
Wer für Gerechtigkeit und Humanität eintritt, hätte Gaddafi gewiss
gerne auf der Anklagebank des Internationalen Gerichtshofs für
Menschenrechte gesehen.

Verständlich ist aber, wenn viele Libyer und auch westliche
Politiker mit Erleichterung reagieren. Vor allem Israel wird
aufatmen. Gaddafi war die gefährlichste Geißel des Terrors gegen den
jüdischen Staat und seine Bürger. Nahezu alle verheerenden Anschläge,
die in den 1970er- und 1980er-Jahren die Welt erschütterten, wären
ohne die Hilfe des libyschen Diktators nicht möglich gewesen. In
Deutschland war der "Oberst" - neben der DDR Stasi - der wichtigste
Sponsor der RAF-Mordbrenner.

Libyen selbst feiert den Tod seines Unterdrückers. Hoffentlich
sind diese Gefühlsausbrüche nur von kurzer Dauer. Das von Gaddafi
jahrzehntelang geschundene Land muss endlich zur Ruhe kommen, um
Frieden mit sich selbst schließen zu können. Mit einem Diktator auf
der Flucht, der seine letzten Getreuen in immer verzweifeltere und
blutigere Schlachten hetzte, wäre die vorsichtige Demokratisierung
unmöglich gewesen. Nun haben die Libyer eine realistische Chance auf
freie Wahlen. Voraussetzung dafür ist, dass sich der bislang
verhältnismäßig klug agierende Übergangsrat zusammenrauft und die
nationale Einheit über Partikularinteressen stellt. Keine leichte
Aufgabe, denn mehr als 140 Stämme und Clans ringen in diesem
unübersichtlichen Gremium um Macht und Ölmilliarden. Sein
Vorsitzender, Mustafa al-Dschalil, hat dazu aufgerufen Racheakte an
Gaddafis Familie und seinen vielen Gefolgsleuten zu unterlassen.

Bei der Gestaltung eines neuen Staates, der seinen Bürgern nicht
ideologische oder islamistische Phrasen, sondern Frieden, Freiheit
und die Aussicht auf ein wenig Wohlstand bieten kann, wäre der Westen
ein guter Ratgeber. Deutschland wird dabei nur eine Rolle am Rande
des Weltgeschehens einnehmen können. Es hat seine Sympathien für die
Freiheitsbewegung zu spät entdeckt. In der Libyenfrage sind unsere
Verbündeten eben Russland und China, nicht Frankreich und England.
Die Außenpolitik dieser Bundesregierung ist für viele Bürger ein
Grund zum Fremdschämen.



Pressekontakt:
Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung
Redaktion

Telefon: 0201/8042607


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