(Registrieren)

Lausitzer Rundschau: Zehn Jahre Afghanistan-Krieg / Gescheiterter Staat

Geschrieben am 06-10-2011

Cottbus (ots) - Im zehnjährigen Krieg gegen die Taliban, der am 7.
Oktober 2001 mit amerikanischen und britischen Bombenangriffen
begann, sind nach und nach die Ziele verloren gegangen. Um Rache und
Terrorabwehr ging es anfangs, dann aber, nach dem Sturz der Taliban,
sehr schnell um "nation building", das Schaffen einer Nation auf den
Ruinen von Terror und Krieg. Möglichst demokratisch, möglichst frei,
möglichst sicher. Die Petersberger Konferenz Ende 2001, die
Stammesversammlung Loja Dschirga 2002, die ersten Wahlen 2005 - all
das wirkte wie ein Blitzsieg der Demokratie. Davon war auch
Deutschland angetan. Es war ein rot-grüner Traum und zugleich die
Rechtfertigung für die Entsendung deutscher Soldaten - und für das
Sterben von 49 von ihnen. Kanzler Gerhard Schröder besuchte stolz und
frohlockend eine Mädchenschule in der Hauptstadt Kabul. Heute sitzen
die westlichen Soldaten eingeigelt in ihren Basen, ständig bedroht
von Angriffen aus dem Hinterhalt. Inzwischen redet niemand mehr von
den afghanischen Mädchen. Und auch nicht mehr von Demokratie. Selbst
eine Machtteilung mit den Taliban scheint nicht mehr in Reichweite,
seit die Radikal-Islamisten gleich ihre ersten Gesprächspartner in
die Luft jagten. Es seien, sagte Verteidigungsminister Thomas de
Maizière kürzlich, wohl zu hohe Erwartungen geweckt worden. De
Maizière kann am wenigsten dafür, er ist erst seit Kurzem Minister
und hat jetzt nur noch die Aufgabe, einen Abzug zu organisieren, der
de facto schmachvoll ist, aber nicht so wirken darf. Das ist das
letzte verbliebene Minimalziel neben dem, dass Al Qaida keine neuen
Terrorcamps in Afghanistan aufbauen können soll. Die Fehler wurden
gleich am Anfang gemacht. Man ließ es zu, dass sich die Taliban in
die Stammesregionen Pakistans zurückziehen und dort neu aufstellen
konnten, weil man militärisch halbherzig zu Werke ging. Und eine
Pakistan-Strategie gab es nicht. In Deutschland wurde die Mission den
Bürgern als eine Art Brunnenbau mit Polizeischutz verkauft. Das Wort
Krieg war tabu. Beim zivilen Aufbau gelang es nicht, stabile
politische Strukturen zu schaffen. Man konzentrierte sich auf die
Etablierung einer Zentralregierung, die aber korrupt und schwach ist.
Und man gab zu wenig Geld für zu wenige Infrastrukturprojekte. Auch
hier die gleichen Fehler: Keine Strategie, halbherziger
Mitteleinsatz, fehlende Entschlossenheit und mangelnde Koordinierung
bei der Umsetzung. Im Ergebnis ist der Westen in Afghanistan im Kreis
gelaufen wie ein orientierungsloser Wanderer in der Wüste. Anfangs
war man blind, weil der 11. September zu schneller Aktion trieb. Dann
war man blind vor Euphorie über die ersten Erfolge. Schließlich
versuchte man nur noch irgendwie, die lange Durststrecke des
zermürbenden Guerilla-Krieges mit den Taliban durchzuhalten. Jetzt
ist die internationale Staatengemeinschaft fast wieder dort
angelangt, wo sie vor zehn Jahren begann. Bei gezielten
Luftangriffen, neuerdings mit Drohnen, die die Taliban in Schach
halten sollen. Am Boden müssen ab 2014 die Afghanen selbst den Rest
erledigen, wie schon vor zehn Jahren die Nordallianz. Ob sie es
schaffen oder nicht, ist völlig ungewiss. Wenn nicht, dann wird auch
Afghanistan ein "failed state" sein, ein gescheiterter Staat, den von
Somalia nur die westliche Lufthoheit unterscheidet. Das wäre ein sehr
mageres und sehr bitteres Ergebnis dieses Krieges.



Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

356510

weitere Artikel:
  • Kölner Stadt-Anzeiger: ACHTUNG SPERRFRIST Freitagmorgen 01.00 Uhr Bartels (SPD) fordert teilweisen Verzicht auf Eurofighter Köln (ots) - Köln. Der SPD-Verteidigungsexperte Hans-Peter Bartels hat die Bundesregierung aufgefordert, auf die geplante Anschaffung eines Teils der Eurofighter zu verzichten. "108 Eurofighter reichen für den Betrieb der Bundeswehr aus", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Freitag-Ausgabe). Zumindest müsse die Bundeswehr nicht alle der bisher vertraglich gebundenen 143 Eurofighter auch tatsächlich selbst nutzen, so Bartels. Die Anschaffung ist vor allem eine Kostenfrage. Eine Maschine kostet zirka 57 Millionen Euro. Die Bundeswehr mehr...

  • Kölner Stadt-Anzeiger: ACHTUNG SPERRFRIST Freitagmorgen 01.00 Uhr Altmaier (CDU) Wowereit hat Lager-Strategie der SPD gekippt Köln (ots) - Köln. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Peter Altmaier, sieht in dem Abbruch der Koalitionsgespräche mit den Grünen durch Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) eine Schwächung der SPD im Hin-blick auf die Bundestagswahl 2013. "Klaus Wowereit hat die Lager-Strategie der Bun-des-SPD gekippt", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Freitag-Ausgabe). "Gabriel und Steinmeier stehen jetzt vor den Trümmern ihrer Wahlkampfstrategie 2013." Der SPD-Parteivorsitzende Sigmar Gabriel mehr...

  • Kölner Stadt-Anzeiger: ACHTUNG SPERRFRIST Freitagmorgen 01.00 Uhr Geißler erwartet Proteste gegen Finanzindustrie auch in Europa Köln (ots) - Der ehemalige Bundesminister und CDU-Generalsekretär Heiner Geißler ist überzeugt, dass die aktuellen Proteste in den USA Einfluss auf die dortige Politik nehmen könnten. Die Demonstranten "können den Widerstand der Republikaner, einer Mischung aus Marktgläubigen und Piusbrüdern, gegen die von den G20-Staaten beschlossene Reform der Finanzindustrie brechen", sagte Geißler in einem Interview mit dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Freitag-Ausgabe). Immer mehr junge Leute würden im besten Sinne der Aufklärung anfangen, selbstständig mehr...

  • ARD-DeutschlandTrend Oktober 2011: Mehrheit der Deutschen für PKW-Maut bei gleichzeitiger finanzieller Entlastung der Autofahrer Köln (ots) - Sperrfrist: 06.10.2011 22:45 Bitte beachten Sie, dass diese Meldung erst nach Ablauf der Sperrfrist zur Veröffentlichung freigegeben ist. Sperrfrist für alle Ergebnisse: - für elektronische Medien heute, 22:45 Uhr - für Printmedien: Freitagsausgaben Verwendung nur mit Quellenangabe "ARD-DeutschlandTrend" Die von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer ins Spiel gebrachte PKW-Maut für deutsche Autobahnen bei gleichzeitiger finanzieller Entlastung der Autofahrer stößt bei einer mehr...

  • ARD-DeutschlandTrend Oktober 2011 - 80 Prozent für Volksabstimmung, wenn Europa mehr Rechte bekommen soll - Knappe Mehrheit lehnt Unterstützung für Griechenland ab Köln (ots) - Sperrfrist: 06.10.2011 22:45 Bitte beachten Sie, dass diese Meldung erst nach Ablauf der Sperrfrist zur Veröffentlichung freigegeben ist. Sperrfrist für alle Ergebnisse: - für elektronische Medien heute, 22:45 Uhr - für Printmedien: Freitagsausgaben Verwendung nur mit Quellenangabe "ARD-DeutschlandTrend" Vier von fünf Deutschen sprechen sich für eine Volksabstimmung aus, wenn mehr Rechte nach Europa verlagert werden sollen. Im aktuellen ARD-DeutschlandTrend sind 80 Prozent mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht