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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Krise in Griechenland

Geschrieben am 24-06-2011

Bielefeld (ots) - Den Griechen fehlt Geld, sehr viel Geld. Weit
schlimmer aber ist, dass Europa eine Idee fehlt. Europa fehlt eine
Idee von seiner Zukunft. Wer aber nicht weiß, wo er hinwill, kann
auch nicht recht vorankommen. Nur wegen dieser Orientierungslosigkeit
konnte die Griechenland-Krise zu einer Krise der gesamten EU werden.
Manch langjähriger politischer Beobachter sieht gar die größte
Bedrohung für Europa seit 1945. Nach den Notoperationen der
vergangenen Tage kann man zwar sagen, dass der Patient Griechenland
noch lebt. Seine Rettung aber ist keineswegs gewiss. Die nächste
bange Frage lautet: Bekommt die Regierung Papandreou für ihre neuen
Sparpläne am Dienstag eine ausreichend breite Mehrheit im Parlament?
Nur wenn das gelingt, werden weitere Kredite frei. Dabei übersteigt
es schon jetzt unsere Vorstellungskraft, was den Griechen abverlangt
wird. Übertragen auf unseren Haushalt müsste Finanzminister Wolfgang
Schäuble zwischen 70 und 80 Milliarden Euro einsparen - pro Jahr.
Nicht auszudenken, was von Flensburg bis Garmisch-Partenkirchen los
wäre, wenn dafür mal eben der Mehrwertsteuersatz auf 26 Prozent
angehoben würde. Das alles darf und soll freilich nicht über die
schweren Fehler der Griechen hinwegtäuschen. Da wurde getrickst und
getäuscht. Doch vergessen wir nicht: Auszubaden haben das nun vor
allem jene, die an der Misere nicht schuld sind. Das Versagen der
griechischen Politik, die mangelnde Solidarität der griechischen
Eliten, die Korruptheit des Staatsapparats - all das wird auf dem
Rücken der kleinen Leute ausgetragen. Können uns da die Proteste und
die Wut der Menschen wundern? Ohnehin wird Griechenlands Rettung
nicht am Geld, sondern allenfalls am Willen scheitern. Die
griechische Volkswirtschaft allein ist viel zu klein, um Europa in
Gefahr zu bringen. Dramatisch ist allein die Ansteckungsgefahr, die
sich aus Misstrauen und Egoismus speist. Egoismus, wie ihn die
griechischen Konservativen beweisen. Oppositionsführer Antonis
Samaras hat den eigenen politischen Erfolg, nicht die Zukunft seines
Landes im Blick. Am unbedingten Willen fehlt es aber auch andernorts.
Kanzlerin Angela Merkel fürchtet den Zorn der Deutschen, Frankreichs
Staatspräsident Nicolas Sarkozy Milliardenabschreibungen für seine
Banken. Nationalstaatliches Kalkül verengt die Perspektive. Doch
Europa muss mehr sein als eine Frage des Geldes. Europa ist unsere
einzige Chance auf eine erfolgreiche Zukunft. Deshalb brauchen wir
nicht weniger, sondern mehr Europa. Allein wird Deutschland den
Wettbewerb mit China und Indien, mit Brasilien und Japan nicht
bestehen können. Schon heute sind die Alarmzeichen nicht zu
übersehen: Die alte Welt ist in einer Krise. Dramatisch ist die
Verschuldung der Staaten nicht nur im Euro-Raum, sondern auch in
Großbritannien und vor allem in den USA. Es wird höchste Zeit, über
die Krise hinauszudenken. Griechenland kann man mit Geld retten. Wer
Europa retten will, muss mehr bieten.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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