(Registrieren)

Südwest Presse: KOMMENTAR · ATOMAUSSTIEG

Geschrieben am 30-05-2011

Ulm (ots) - Im Schweinsgalopp

Am 8. Juli beginnt die Sommerpause des Bundestages. Bis dahin
bleiben gerade mal drei Sitzungswochen, um den Atomausstieg zu
besiegeln und die Wende zu einer Versorgung mit risikoärmeren
Energien zu vollziehen. Wer das nur ehrgeizig nennt, untertreibt
maßlos. Es droht eine historische Zeitenwende im Schweinsgalopp.
Machen wir uns nichts vor: Dieser epochale Umbau der Infrastruktur
verlangt der größten Volkswirtschaft Europas viel Mut, Umsicht und
Leistungskraft ab. Auch wenn inzwischen die Empfehlungen vieler
Experten vorliegen, sind die Konsequenzen des energiepolitischen
Paradigmenwechsels nicht schon bis in jedes Detail kalkulierbar. Es
wird in den nächsten zehn Jahren bis zur geplanten Abschaltung des
letzten Atommeilers in Deutschland immer wieder unangenehme
Überraschungen geben - ökologische, ökonomische und soziale. Die
Kosten-Nutzen-Rechnung für Wirtschaft, Staat und Bürger dürfte
vollständig erst nach dieser Frist zu ermitteln sein. Es gibt,
weltweit, keine Blaupause für die Abkehr von der Kernkraft. Die
Bundesrepublik schlüpft in die Rolle des Pioniers, begleitet von
guten Wünschen wie massiven Zweifeln nicht nur unserer europäischen
Nachbarn. Wenn der Beweis gelingt, dass der Ausstieg ohne Einbußen an
Sicherheit und industrieller Wettbewerbsfähigkeit sowie bei
sozialverträglichen Stromkosten zu organisieren ist, eröffnen sich
glänzende Perspektiven für den "Standort D" - wenn nicht, haben wir
alle ein Problem. Die Bundeskanzlerin wäre daher gut beraten, eine
möglichst breite Zustimmung für ihr Konzept zu suchen, nicht bloß im
Parlament, sondern auch bei Interessenverbänden und in der
Gesellschaft. Angela Merkel braucht Mitstreiter über das
Regierungslager hinaus, weil sie die Energiewende ja nicht aus freien
Stücken betreibt, sondern in Folge äußerer Einflüsse und im
Bewusstsein eines politischen Mehrheitswillens, den die schwarz-gelbe
Koalition noch vor gut einem halben Jahr bei der Laufzeitverlängerung
für Atommeiler sträflich außer Acht gelassen hat. Der Kampf um die
Deutungshoheit über den einschneidenden Kurswechsel in der
Stromversorgung hat begonnen. Die Kanzlerin reklamiert die
Energiewende als Beweis ihrer Führungskraft und Lernfähigkeit für
sich (was freilich noch zu beweisen wäre angesichts des Widerstands,
der sich in der Wirtschaft formiert), Rot-Grün beansprucht das
Copyright für den Fahrplan zum Atomausstieg. Vor einem Konsens liegen
also noch viele Hindernisse.



Pressekontakt:
Südwest Presse
Lothar Tolks
Telefon: 0731/156218


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

334830

weitere Artikel:
  • Mittelbayerische Zeitung: Kommentar "Mittelbayerische Zeitung" (Regensburg) zu EHEC Regensburg (ots) - Spanien wettert wegen des Imageschadens und fordert Entschädigungen. Deutsche Bauern fürchten um ihre Existenz. Verbraucher meiden verunsichert Gemüse. Und die Experten überschlagen sich mit Bekenntnissen, was sie alles nicht wissen - und was man alles nicht ausschließen kann. Die EHEC-Seuche hat Deutschland erschüttert. Doch das Krisenmanagement vermag nicht zu beruhigen. Zwar ist es richtig, die Risiken deutlich herauszustellen. Aber die Menschen brauchen ebenso Klarstellung, von wo nach jetzigem Kenntnisstand mehr...

  • Mittelbayerische Zeitung: Kommentar "Mittelbayerische Zeitung" (Regensburg) zu Berlusconi Regensburg (ots) - Wer seine Hausmacht verliert, dessen Tage sind gezählt, ob früher oder später. Der Verlust seiner Heimatstadt Mailand bei den Kommunalwahlen ist deshalb eine Katastrophe für Silvio Berlusconi. Zum einen persönlich: Hier wurde er geboren, hier hat er zunächst als Bau- dann als Medienunternehmer sein Firmenimperium aufgebaut und eben von Mailand aus mit seiner Partei "Forza Italia" die italienische Politik erobert. Doch vor allem politisch: Berlusconi hatte vor der Wahl diese selbst zur Abstimmung über seine Politik mehr...

  • BERLINER MORGENPOST: Nur ein Ausstieg im Konsens hat eine Chance - Leitartikel Berlin (ots) - Deutschland einig Kernkraftgegner-Land. Was Rot-Grün schon lange wollte, will nun auch Schwarz-Gelb. Der GAU von Fukushima hat es möglich gemacht. Spätestens 2022 soll der letzte atomare Strom bei uns abgeschaltet werden. Über die Sinnhaftigkeit länger zu streiten, ist müßig angesichts einer Stimmungslage im Lande, die erst durch Pleiten, Pech und Pannen in einigen heimischen Kernkraftwerken erneut befeuert und schließlich zum Überkochen gebracht wurde, als über Japan - durch Naturgewalten und technologische Schlamperei mehr...

  • Rheinische Post: Minister hilflos Düsseldorf (ots) - Ein Kommentar von Antje Höning: Kaum ist Daniel Bahr als Gesundheitsminister im Amt, muss er eine erste Krise managen. Eine schwere Aufgabe, zumal die Quelle der EHEC-Verseuchung noch nicht endgültig gefunden ist. Eine zu schwere Aufgabe für Bahr. Und so geriet sein Auftritt nach dem gestrigen Krisengipfel zu einer Vorstellung der Hilflosigkeit. Mehr als die Bürger - nein, natürlich politisch ganz korrekt: "die Bürgerinnen und Bürger" - zu einem gründlichen Waschen von Händen und Gemüse aufzufordern, fiel dem mehr...

  • Rheinische Post: Palins Inszenierung Düsseldorf (ots) - Ein Kommentar von Frank Herrmann: Eines muss man Sarah Palin lassen: Sie versteht es perfekt, sich in Szene zu setzen. Mit einer frühsommerlichen Publicitytour steht sie auf einmal wieder im Mittelpunkt, nachdem man sie bereits abschreiben wollte. Sarah Palin auf der Harley-Davidson als Rockerbraut, als Darling ergrauter Vietnamkriegsveteranen - solche Bilder kommen an in der amerikanischen Provinz. Ob sie bedeuten, dass die Vorzeigefigur der Rechten beim Rennen ums Weiße Haus an den Start geht, bleibt offen. mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht