(Registrieren)

HAMBURGER ABENDBLATT: Inlandspresse, Hamburger Abendblatt zu Arbeitnehmer-Freizügigkeit

Geschrieben am 29-04-2011

Hamburg (ots) - Ein Kommentar von Egbert Nießler

Als vor 20 Jahren die Sowjetunion zusammenbrach und ihren Bürgern
Reisepässe und Freiheit winkten, glaubten Experten, dass 20 Millionen
Frustrierte und Verarmte auf gepackten Koffern säßen - auf dem Sprung
nach Westen, auf der Suche nach Arbeit und Glück. Die Realität sah
dann weit weniger dramatisch aus. Ab Sonntag nun gilt auch in
Deutschland die Freizügigkeit für Arbeitnehmer aus acht jungen
EU-Staaten. Und wieder wagen Experten den Blick in die Zukunft,
erwarten wahlweise einen Ansturm von Billiglöhnern oder die Lösung
des Fachkräftemangels. Und vermutlich wird die Realität auch in
diesem Fall weit weniger dramatisch ausfallen als prognostiziert.
Denn erstens haben - ganz wie beim Zerfall der Sowjetunion - auch die
Bewohner des Baltikums oder Tschechiens eine Heimat die sie lieben,
haben dort Verwandte, Freunde und kulturelle Wurzeln, die sie nicht
so ohne Weiteres aufgeben. Zweitens gibt es auch in ihren
Heimatländern gute Aufstiegschancen, teils bessere als bei uns.
Drittens ist Deutschland das letzte EU-Land, das seine Tore
vollständig für sie öffnet. Wer also unbedingt in den Westen wollte,
hätte dies längst tun können - in Länder, die ihre Abschlüsse ohne
Wenn und Aber anerkennen und wo man Fremden etwas aufgeschlossener
begegnet. Und wer viertens bisher schon unbedingt nach Deutschland
wollte, hat auch Mittel und Möglichkeiten finden können - ist also
schon hier. Zuzug aus europäischen Nachbarländern hat seit
Generationen Tradition. Er stellt die Auswanderungsregionen vor
mindestens ebenso große Probleme wie die Zielgebiete, denn jedes Land
braucht motivierte und qualifizierte Arbeitskräfte. Wanderbewegungen
sind somit auch ein Indikator für Investitions- und
Arbeitsbedingungen, zeigen auf, wo Verbesserungsbedarf besteht. Das
ist eine Chance für ganz Europa. Nur neigen die Deutschen
traditionell dazu, die Risiken einer Entwicklung überzubetonen. Und
sie glauben, dass die ganze Welt nur darauf aus ist, in ein Land zu
strömen, das zwar mit einer hochentwickelten Volkswirtschaft und
einem stabilen Sozialgefüge aufwarten kann, als Paradies aber bisher
allenfalls für Bürokraten, Pessimisten und Misanthropen taugt. Was
am 1. Mai also tatsächlich eintreten wird, ist ein weiteres Stück
europäischer Normalität. Dazu gehört Freiheit nicht nur für Waren und
Dienstleistungen, sondern vor allem auch für Menschen.



Pressekontakt:
HAMBURGER ABENDBLATT
Ressortleiter Meinung
Dr. Christoph Rind
Telefon: +49 40 347 234 57
Fax: +49 40 347 261 10
christoph.rind@abendblatt.de meinung@abendblatt.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

328978

weitere Artikel:
  • Rheinische Post: NDR: Sicherheitskonzept für Song Contest ist ausreichend Düsseldorf (ots) - Auf die Verhaftung von zwei mutmaßlichen Mitgliedern des Terrornetzwerks al Qaida in Düsseldorf wollen die Veranstalter des Eurovision Song Contests (ESC) nicht mit einer Verschärfung der Sicherheitsmaßnahmen reagieren. "Der NDR und die European Broadcasting Union haben volles Vertrauen in die Sicherheitsmaßnahmen, die die lokalen, regionalen und nationalen Behörden eingerichtet haben", sagte Iris Bents, Sprecherin des verantwortlichen Senders NDR, der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Samstagausgabe). mehr...

  • Neues Deutschland: vor der Seligsprechung von Johannes Paul II. Berlin (ots) - Der Reliquienkult, den das frühe Christentum von heidnischen Religionen übernahm, ist ein besonders bizarres Kapitel der Kirchengeschichte. Er ging einher mit dem Kult um die Heiligen. Diese waren die wichtigsten Lieferanten von Reliquien, namentlich solchen »erster Klasse«: Körperteile aller Art vom Kopf bis zum Zehennagel, vom Skelett bis zum Gehörknöchelchen. Da mit den teuren Teilen (von den Fälschungen einmal abgesehen) ein schwunghafter Handel betrieben wurde, teilte man sie häufig so oft, bis nur noch Partikel mehr...

  • Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar zu Erfolg bei der Terrorbekämpfung Halbe Wahrheit DIRK MÜLLER Bielefeld (ots) - Der Ermittlungserfolg deutscher Terrorfahnder beruhigt und beunruhigt zugleich. Offenbar ist es gelungen, zu einem Anschlag entschlossene Extremisten, mutmaßlich mit Verbindungen zum islamistischen Terrornetzwerk El Kaida, so lückenlos zu überwachen, dass sie noch mitten in den Vorbereitungen zu geplanten Terroraktionen in Deutschland aus dem Verkehr gezogen werden konnten. Gleichzeitig werden die Erwartungen vorsichtiger Anti-Terror-Experten bestätigt: Die Frage ist nicht ob, sondern wann auch Europa wieder von mehr...

  • WAZ: Zielland des Terrors. Kommentar von Dietmar Seher Essen (ots) - Die deutsche Politik benimmt sich manchmal irrational. Als vor wenigen Wochen zwei US-Soldaten vor dem Eingang des Frankfurter Flughafens beim ersten tödlichen islamistischen Terroranschlag auf deutschem Boden starben, mühte sich Berlin für knapp 48 Stunden um das Thema. Man fühlte sich - Herr zu Guttenberg hatte die Doktorarbeit abgeschrieben - anders beschäftigt. Dabei war der brutale Mord am Terminal nicht nur ein tragisches Ereignis. Er war ein wichtiges Signal und der erneute Hinweis, dass Deutschland nicht mehr...

  • Westdeutsche Zeitung: Kate und William haben geheiratet = Von Christoph Lumme Düsseldorf (ots) - Es waren 0,4 Sekunden, im zweiten Versuch etwas mehr: Man mochte mit noch so viel analytischem Verstand über die Länge des Hochzeitskusses und seine Bedeutung für das Liebesleben des Paares sinnieren - Kate und William gingen gestern nicht daran, mit Ungestüm die Marke Windsor zu revolutionieren. Da hat sich Walter Bagehot eben geirrt. Der britische Verfassungstheoretiker behauptete im 19. Jahrhundert, Monarchien seien im Gegensatz zu Republiken aufregende Angelegenheiten. Spätestens seit Silvio Berlusconi in mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht