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Politiker-Dienstwagen: Immer noch "Schaufahren gegen den Klimaschutz"

Geschrieben am 18-04-2011

Berlin (ots) - Pressemitteilung

Fünfte Dienstwagenerhebung der Deutschen Umwelthilfe zeigt nur
geringfügige Verbesserungen beim Spritverbrauch deutscher
Spitzenpolitiker - Kein Bundesminister erfüllt mit seinem Dienstwagen
die geltenden EU-Klimagaswerte von 140 g CO2/km - Hessens
Ministerpräsident Bouffier mit 348 g CO2/km Schlusslicht unter den
Länderchefs und sein Innenminister Boris Rhein (CDU) mit 353 g CO2/km
trauriger Gesamtsieger des Klimakiller-Rankings - Schleswig-Holsteins
Minister¬präsident Carstensen (CDU) verweigert Auskunft und wird
verklagt - Länderumweltminister in Berlin und im Saarland
unterschreiten bereits den ab 2012 geltenden EU-Grenzwert von 120 g
CO2/km

Auch im fünften Jahr der Dienstwagenerhebung der Deutschen
Umwelthilfe e. V. (DUH) zeigen sich die meisten Vertreter des
politischen Spitzenpersonals von der andauernden Klimadebatte
unbeeindruckt. So findet sich auch in diesem Jahr kein
Bundesminister, der es schafft, mit seiner Dienstlimousine die seit
2008 geltenden EU-Klimagaswerte von 140 g CO2/km einzuhalten.
Übermotorisierung und hohe CO2-Emissionen der Dienstwagen gehören bei
den meisten Ministerpräsidenten, Ministerinnen und Ministern weiter
zu den Status-Insignien. Zu ihnen gehören insbesondere der bayerische
Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) und der Regierende
Bürgermeister in Berlin Klaus Wowereit (SPD), die bezüglich
CO2-Ausstoß und Motorleistung gegenüber den Vorjahren sogar weiter
aufrüsteten, oder der hessische Innenminister Boris Rhein (CDU), der
in diesem Jahr mit seinem Audi A 8 6.0 quattro und 353 Gramm CO2 pro
Kilometer (g CO2/km) bundesweit die Pole-Position unter den
Klimakillern einnimmt. Nur ein Länderchef, Jens Böhrnsen (SPD) aus
Bremen, unterschreitet den derzeit gültigen EU-Zielwert von 140 g
CO2/km. Klage erhebt die DUH gegen den Ministerpräsidenten von
Schleswig-Holstein, Peter Harry Carstensen (CDU), der als einziger
Spitzenpolitiker wie seinerzeit der inzwischen abgewählte
NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers die gewünschten Angaben
verweigerte.

Erfreulicherweise haben einige Bundesländer damit begonnen, ihre
Länderminister und Senatoren mit spritsparenden Limousinen
auszustatten. Drei Landesumweltminister haben erkennbar verstanden,
was sie ihrem Amt schuldig sind, und halten den derzeit geltenden
Zielwert und sogar den ab 2012 geltenden verschärften Grenzwert von
120 g ein: Umweltsenatorin Katrin Lompscher in Berlin (Linke, Toyota
Prius Hybrid mit 92 g CO2/km) sowie Umweltministerin Simone Peter im
Saarland (Bündnis90/Grüne, VW Passat 1.6 TDI Blue Motion mit 114
CO2/km). Der grünen Umweltminister Johannes Remmel aus NRW liegt bei
137 g CO2/km.

"Insbesondere bei vielen Ministerpräsidenten hört der Klimaschutz
beim Dienstwagen auf", sagt DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.
"Nach wie vor verstehen sich die meisten Spitzenpolitiker als
kostenlose Werbeträger für spritschluckende Dienstlimousinen aus
deutscher Produktion. Erfreulich, dass zumindest in den ersten
Bundesländern einzelne Regierungschefs, Minister und Senatoren sich
ihrer Vorbildfunktion bewusst werden und auf zeitgemäße Fahrzeuge
umsteigen. Positiv ragt hier allenfalls die Bremer Landesregierung
heraus, wo nicht nur der Landeschef sondern gleich mehrere seiner
Minister den derzeit geltenden EU-Klimagaswert unterschreiten."

Trotzdem beobachtet Resch, dass das Wissen um die regelmäßige
Thematisierung von Politiker-Protzkarossen durch die DUH in immer
mehr Regierungen zum Kabinettsthema wird und der Druck auf diejenigen
Politiker steigt, die die Zeichen der Zeit immer noch nicht erkannt
haben. Resch: "Die Polit-Dinosaurier, die glauben mit demonstrativer
Ignoranz auf die anhaltende Klimadebatte reagieren zu können, werden
langsam weniger". Baden-Württembergs abgewählter Ministerpräsident
Stefan Mappus (CDU, Mercedes Benz S 600, 340 g CO2/km) habe
dazugehört, genauso wie Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich
(CDU, VW Phaeton 4.2. V8 4Motion, 324 g CO2/km) oder Horst Seehofer.
Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hatte anfangs
versucht, durch falsche Angaben eine günstige Einstufung zu
erreichen. Da die von seiner Staatskanzlei genannten Zahlen aber
nicht plausibel waren, recherchierte die DUH die wahren Zahlen:
Tatsächlich fährt Bouffier einen 12 Zylinder VW Phaeton mit 450 PS,
21,4 Litern Verbrauch im Stadtverkehr und satten 348 g CO2/km
Emissionen. Gespannt ist die DUH, wie lange im übrigen die
NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, SPD, ihren von Rüttgers
übernommenen übermotorisierten Audi A 6.0 W12 Quattro (324 g CO2/km)
behält.

Zwar bewegte sich unter den Bundesministerinnen und
Bundesministern nur Gesundheitsminister Philip Rösler (VW Phaeton 3.0
V6 TDI 4Motion, 224 g CO2/km) und sein Kollege Rainer Brüderle
(Mercedes Benz E350 CDI 4MATIC BlueEfficiency, 203 g CO2/km) oberhalb
der 200-Gramm-Grenze, berichtete Projektleiterin Barbara Göppel. Doch
seien die meisten immer noch weit entfernt von dem seit 2008
geltenden EU-Zielwert für Pkw von 140 g/CO2. Am nächsten komme der
neue Dienstwagen von Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger
(FDP) diesem Wert mit 155 g CO2/km. Auf innovative Fahrzeugtechnik
setze mittlerweile das Bundesverkehrsministerium und teste sowohl
einen Elektro-Smart als auch einen Brennstoffzellen-Mercedes. Beide
Fahrzeuge können nach Angaben des Ministeriums von allen Mitarbeitern
für Dienstfahrten genutzt werden.

"In den Länderkabinetten ergibt sich insgesamt ein sehr
differenziertes Bild", erläuterte Göppel. Einige Landesregierungen
seien "meilenweit davon entfernt, einfachen Dienstwagen-Nutzern als
Vorbild beim Klimaschutz zu dienen". Die Minister-Limousinen in
Baden-Württemberg und Bayern übertreffen den einst für 2008
festgelegten Pkw-Zielwert der EU von 140 g CO2/km um beinahe 60
Prozent. Dagegen seien sich die Senatorinnen und Senatoren in Bremen
ihrer Verantwortung im Klimaschutz offenbar bewusst. Vier von acht
Regierungsmitgliedern lägen mit dem CO2-Ausstoß ihrer Dienstwagen
unterhalb des Zielwerts. Dicht gefolgt wird Bremen im Länder-Ranking
der DUH vom Berliner und vom Hamburger Senat.

In Nordrhein-Westfalen, das insgesamt unter den Länderkabinetten
nur den 13. Rang einnimmt, ging Umweltminister Johannes Remmel
(Bündnis 90/Grüne) mit gutem Beispiel voran. Durch einen
Fahrzeugwechsel (jetzt: BMW 520d, 137 g CO2/km) reduzierte Remmel die
CO2-Emissionen seiner Dienstfahrten gegenüber seinem Amtsvorgänger um
60 Prozent. Insgesamt strebt die NRW-Landesregierung für ihre gesamte
Fahrzeugflotte bis 2015 einen durchschnittlichen Emissionswert von
140 g CO2/km an. Ab 2012 gilt für neue Fahrzeuge von Staatssekretären
nach Aussage des Regierungssprechers ein Grenzwert von 140g CO2/km.
Ministerinnen und Minister dürfen dann nur noch Fahrzeuge fahren, die
höchstens 170g CO2/km emittieren.

Göppel berichtete, dass die Informationsbereitschaft der
Bundesminister und der großen Mehrheit der Länderminister gegenüber
den Vorjahren erfreulich gestiegen sei. Ausnahmen bestätigten die
Regel. Ablehnungsgrund Nummer 1 unter der schrumpfenden Zahl der
Informationsverweigerer waren wie in den Vorjahren angebliche
Sicherheitsbedenken. Tatsächlich erhebt die DUH nur Daten zu den
Serienmodell-bezogenen Herstellerangaben. Etwaige zusätzliche
Sicherheitsausstattungen wurden nicht abgefragt. Die Datenlücken in
der DUH-Erhebung (Bundeskanzlerin und andere Schlüsselressorts auf
Bundesebene) ergeben sich zum großen Teil aus der schwierigen
Vergleichbarkeit besonders gesicherter Fahrzeuge mit den
Serienmodellen.

Die hartnäckige Datenverweigerung des Kieler Ministerpräsidenten
Peter Harry Carstensen zieht nun eine gerichtliche Auseinandersetzung
nach sich, kündigte Resch an. Carstensen müsse damit rechnen, dass
die DUH die Auskunftspflicht, wie zuvor im Fall Rüttgers, gerichtlich
erzwingen wird. Die DUH kündigte an, die Daten gestützt auf die
jeweiligen Umweltinformationsgesetze (UIG) der Länder weiterhin zu
erfragen und die Liste fortlaufend im Internet unter
www.duh.de/dw_2011.html zu aktualisieren.



Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-0, Mobil: 0171
3649170, E-Mail: resch@duh.de

Barbara Göppel, Projektleiterin, Hackescher Markt 4, 10178 Berlin;
Tel.: 030 2400867-74, Mobil: 0170 7686923, Fax: 030 2400867-19,
E-Mail: goeppel@duh.de


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