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HAMBURGER ABENDBLATT: Inlandspresse, Hamburger Abendblatt zur deutschen Libyenpolitik

Geschrieben am 10-04-2011

Hamburg (ots) - Ein Kommentar von Egbert Nießler

Zweierlei hätten der Westen im Allgemeinen und die deutsche
Regierung im Besonderen aus ihrem bisherigen Afghanistan-Engagement
lernen können: Erstens lassen sich humanitäre Einsätze nur dann auf
der Ebene der Hilfe für Zivilisten halten, wenn alle daran
Beteiligten mitspielen. Andernfalls werden aus Bautrupps für
Mädchenschulen und Brunnenbohren früher oder später nach einem
Stadium der Selbstverteidigung ganz normale Kombattanten. Begleitet
von heftigen Debatten über Mandate, Einsatzregeln und Ausrüstung.
Zweitens münden Einsätze, die weder ein definiertes Ziel noch ein
terminiertes Ende haben, zu opferreichen und kostspieligen
Dauerkonflikten. Irgendwann verabschieden sich die internationalen
Truppen unter ein paar gesichtswahrenden Übungen von einer politisch
und militärisch unfertigen Baustelle. In Libyen droht sich das alles
zu wiederholen. Nachdem sich Deutschland zunächst damit isoliert hat,
im Uno-Sicherheitsrat bei der Entscheidung über eine Flugverbotszone
durch Enthaltung zu glänzen, signalisiert Berlin nun Zustimmung zu
sogenannten humanitären Einsätzen, etwa für die seit Wochen unter der
Belagerung durch Gaddafi-Soldaten leidende Bevölkerung von Misrata.
Aber glaubt jemand im Ernst, der Diktator in Tripolis schaut untätig
zu, wie der Teil des Volkes, den er zu seinen Feinden erklärt hat,
mit Medizin und Lebensmitteln versorgt wird? Sollen wieder Soldaten
mit einem Mandat, das ihnen nach Vorliegen aller möglichen
Voraussetzungen allenfalls die Selbstverteidigung mit leichten Waffen
erlaubt, in Lebensgefahr geschickt werden? Wie lange soll die
Operation dauern, und was soll an ihrem Ende stehen? Fragen, die
bisher nicht beantwortet sind und die bis jetzt vom Aktionismus, den
vor allem Frankreichs Präsident Sarkozy aus Wahlkampfgründen an den
Tag legt, überdeckt werden. Gewiss, den unter ihrem Diktator und dem
derzeit herrschenden Bürgerkrieg leidenden Menschen in Libyen müsste
schnell geholfen werden. Wirklich und dauerhaft ist ihnen aber nur
dann gedient, wenn die Hilfe einen realistischen Plan und ein
konkretes Ziel hat. Und nur, wenn dessen Umsetzung gelingt, wird der
Westen in der arabischen Welt als Helfer und stabilisierender Faktor
wahrgenommen. Da liegen vor den Regierungen Europas und der Allianz
noch jede Menge schwieriger Hausaufgaben.



Pressekontakt:
HAMBURGER ABENDBLATT
Ressortleiter Meinung
Dr. Christoph Rind
Telefon: +49 40 347 234 57
Fax: +49 40 347 261 10
christoph.rind@abendblatt.de meinung@abendblatt.de


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