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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Situation in Nahost

Geschrieben am 31-03-2011

Bielefeld (ots) - Syrien hat eine Schlüsselposition inne in Nahost
und das ethnisch, geographisch, bündnispolitisch. Wenn sich die
Machtbalance in Syrien ändert, ändert sich das Umfeld für den
Friedensprozess. Das ist in Libyen anders. Libyen kann als Einzelfall
betrachtet werden, und es hat nur Öl, das ersetzt werden kann.
Syriens geopolitische Bedeutung besteht in der unauflösbaren
Verquickung mit den Nachbarstaaten Israel, Jordanien, Libanon und im
Bündnis mit Teheran und den Hisbollah. Schon deshalb war die Rede des
Diktators Assad eine Enttäuschung: von Reformwillen keine Spur. Auch
der Rücktritt der Regierung besagt nichts. Diese Minister-Claqueure
hatten eh nichts zu sagen. Bleibt die Frage: Wie kann es weitergehen
in Syrien? Es ist wie in Libyen: Dieses Regime kennt Menschenrechte
nur vom Hörensagen. Seit 1963 regiert der Assad-Clan auf der
Grundlage des Ausnahmezustands. 1982 ließ der Vater des jetzigen
Diktators die Stadt Homs von Panzern umzingeln und zwei Wochen lang
in die damalige Hochburg der Muslimbrüder hineinfeuern. Aus den
Trümmern wurden mehr als 30 000 Tote geborgen. Die Welt nahm kaum
Notiz davon. Das wäre heute im Zeitalter des Internets anders. Sohn
Baschir Assad würde es im Fall Deraa gerne auch so handhaben und hat
dort auch Hisbollah-Milizen die Waffen einsetzen lassen. Aber der
Fall Libyen zeigt ihm: Die Welt könnte nicht zuschauen. Sie hat schon
zugeschaut, als seine Armee das Nachbarland Libanon jahrzehntelang
unterjochte und christliche Politiker nach Belieben »ausschaltete«.
Sie hat auch zugeschaut, als Assad Terroristen aller Länder in
Damaskus Zuflucht bot. Immer hatte man die Hoffnung, Syrien könnte
ins Lager der Friedenswilligen wechseln. Es war eine trügerische
Hoffnung, geschickt genährt von Hafez el Assad in vier- bis
fünfstündigen Gesprächen mit amerikanischen und europäischen
Außenministern. Alle ließen sich von dem brillanten Intellekt dessen
blenden, den sie in Beirut den »arabischen Bismarck« nannten. Der
Sohn mag auch schlau sein, aber seine Lage ist ungleich gefährlicher.
Die Welt sieht auf Youtube, wie seine Schergen auf Demonstranten
schießen. Er wird, bevor es zum Putsch kommt, die Reißleine ziehen,
die sein Vater für die herrschende Minderheit der Alawiten
vorbereitet hat. Seit den achtziger Jahren hat der Assad-Clan das
Siedlungsgebiet der Alawiten im Norden des Landes am Mittelmeer
ausbauen lassen. Dort gibt es einen Tiefseehafen, eine Universität,
Schulen und ein Straßennetz wie nirgendwo sonst in Syrien, Damaskus
ausgenommen. In dieses Bollwerk wird sich der Clan zurückziehen
wollen, bevor es zur Nacht der langen Messer kommt. Die Alawiten
könnten als Kleinstaat überleben. Auch das war eine Option des
arabischen Bismarck, für den Fall, dass sein Traum von einem
großsyrischen Reich platzen sollte. Das passiert gerade. Und damit
kommt die gesamte Region in Bewegung.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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