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Westdeutsche Zeitung: Angela Merkels Kehrtwende ist mehr als ein taktisches Manöver - Das Ende des Atomzeitalters Ein Kommentar von Christoph Lumme

Geschrieben am 22-03-2011

Düsseldorf (ots) - Es ist eine alte politische Weisheit, die in
verfahrenen Situationen Zeitgewinn verspricht: Wenn Du nicht mehr
weiter weißt, gründe einen Arbeitskreis.

Angela Merkel beauftragt gleich zwei Arbeitskreise, die dabei
helfen sollen, ihre Atompolitik neu auszurichten. Dabei darf sie sich
des Argwohns vieler Deutscher gewiss sein. Wer noch vor Monaten einen
Kniefall vor den Konzernen machte, so der Verdacht, der wird
angesichts der verstörenden Fernsehbilder aus Japan nun lediglich ein
taktisches Manöver einleiten. Der wird tricksen, um den größten
anzunehmenden Unfall bei den Landtagswahlen zu verhindern. Doch
tatsächlich deutet einiges darauf hin, dass es die Kanzlerin mit
ihrem versprochenen Tabubruch ernst meint.

Eine Ethik-Kommission zur Zukunft der Atomenergie - einen solchen
Vorschlag hätten Union und FDP noch vor zwei Wochen als grünes
Hirngespinst abgetan. Schon bald wird sich der Rat der Weisen
unüberhörbar in die Debatte einschalten. Und die Mehrheit in diesem
Gremium wird die Atomkraft dann als Hochrisiko-Technologie einstufen,
die es schnellstmöglich zu überwinden gilt.

Zwar entscheidet noch immer die Bundesregierung und nicht der Rat
der Weisen über die Meiler-Laufzeiten. Aber mit Persönlichkeiten wie
dem ehemaligen Umweltminister Klaus Töpfer, dem Risikoforscher Ulrich
Beck und dem EKD-Vorsitzenden Nikolaus Schneider erhält die Skepsis
der Deutschen jetzt einen intellektuellen Resonanzboden. Keine Partei
wird diese Stimmen ignorieren können.

Mehr noch als der Rat der Weisen könnte die Kommission für
Reaktorsicherheit eine Energiewende beschleunigen. Deren
Prüfkriterien schocken die Atomindustrie, weil sie wenig Zweifel
lassen: Offenbar genügen die meisten Kernkraftwerke nicht den
strengen Vorgaben des Gremiums und müssen nach dem Moratorium wohl
für immer vom Netz.

Durch den Schock von Fukushima ist die nüchterne Physikerin Angela
Merkel zur Erkenntnis gelangt, dass am Ende das nukleare Restrisiko
über die Wahrscheinlichkeitsrechnung siegt. Deshalb wird - Ironie der
Geschichte - nicht ein rot-grünes Bündnis das Ende der Atomenergie in
Deutschland einleiten, sondern die schwarz-gelbe Koalition.



Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2370
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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