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Einwegbecher aus Bioplastik: Umweltbetrug in Fußballstadien

Geschrieben am 15-03-2011

Berlin (ots) - Pressemitteilung

Biokunststoffbecher aus Bundesligastadien landen in der
Verbrennung statt in der Kompostierung - Deutsche Umwelthilfe
prangert Öko-Schwindel an und mahnt die Biokunststoffindustrie wegen
irreführender Werbeclaims ab - Plastikbecher aus Maisstärke sind
nicht klimaneutral und belasten die Umwelt stärker als Mehrwegbecher

Ex und Hopp bleibt ökologischer Unsinn, gerade wenn dadurch
Mehrwegbecher verdrängt und die stattdessen eingesetzten, so
genannten Biokunststoffbecher tatsächlich auf dem Müll landen. Diese
Bilanz zieht die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) aus eigenen
Recherchen und neuen Forschungsergebnissen rund um den Einsatz von
Einwegbechern aus Bioplastik in drei Stadien der Fußballbundesliga.
Die in den Arenen der Fußball-Bundesligisten Köln, Frankfurt und
Hoffenheim eingesetzten Getränke-Einwegbecher aus dem aus Maisstärke
hergestellten Kunststoff Polylactid (PLA) seien nicht wie von den
Vertreibern behauptet umweltfreundlich - im Gegenteil.

"Wer den Werbebotschaften der Hersteller von Bioplastikbechern
glaubt, sitzt einem ausgemachten Umweltschwindel auf", sagt
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. "Der Einsatz von
Einwegbechern aus Bioplastik in Bundesligastadien ist ein
Musterbeispiel dafür, wie die Kunststoffindustrie das
Umweltbewusstsein der Verbraucher missbraucht. Was als kompostierbar
und besonders umweltfreundlich angepriesen wird, entpuppt sich bei
näherer Betrachtung als Luftnummer."

In Prospekten werden die Wegwerfbecher aus Biokunststoff als
biologisch abbaubar, problemlos zu kompostieren und CO2-neutral
angepriesen. Dies sei selbst theoretisch nur die halbe Wahrheit,
erklärt die Umweltorganisation. Denn die Tatsache der biologischen
Abbaubarkeit, bedeute nicht automatisch, dass der eingesetzte
Biokunststoff in der Praxis auch tatsächlich gut kompostiert werden
könne. Tatsächlich lässt sich herkömmliches Bioplastik unter
natürlichen Bedingungen nicht kompostieren, hierfür sind
Spezialanlagen notwendig die in Deutschland offensichtlich fehlen. Im
konkreten Fall des von der DUH untersuchten Einsatzes in
Fußballstadien werden die Bioplastikbecher nicht einmal für eine
anschließende Kompostierung getrennt gesammelt, sondern nach dem
Abpfiff gemeinsam mit anderen Restabfällen in Müllverbrennungsanlagen
verbrannt.

Nach Informationen des Stadionmanagements der Frankfurter
Commerzbank-Arena gibt es in ganz Deutschland keinen industriellen
Anbieter für die Kompostierung von Bioplastikbechern. In der Praxis
würde sich deren Kompostierung auch nicht lohnen, weil bei der
Zersetzung kaum Substrate gebildet und pflanzenverfügbare Nährstoffe
freigesetzt werden. Im Gegenteil: Die Bundesvereinigung der Humus-
und Erdenwirtschaft klassifiziert biologisch abbaubare Kunststoffe
als Störstoffe im Kompost, da sie wesentlich langsamer als
herkömmlicher Bioabfall verrotten. Kommunen fordern ihre Bürgerinnen
und Bürger deshalb auf, die Kunststoffe in die Restmülltonne und
keinesfalls in die Biotonne zu geben. Die DUH hat den Verband der
europäischen Bioplastikhersteller "European Bioplastics" inzwischen
wegen irreführender Aussagen hinsichtlich der Kompostierbarkeit von
Biokunststoffen abgemahnt.

Biologisch abbaubare PLA-Einwegbecher aus Maisstärke stellen aus
ökologischer Sicht keine tragfähige Alternative zu Mehrwegbechern
dar. Dies bestätigt auch eine internationale Ökobilanzstudie des
Darmstädter Öko-Institutes, des Österreichischen Ökologie-Institutes
sowie der Carbotech AG. "Bei Großveranstaltungen weisen Mehrwegbecher
in allen in unserer Studie untersuchten Szenarien geringere
Umweltbelastungen als Einweggetränkebecher auf. Die Umweltbelastungen
der PLA-Einweggetränkebecher sind vergleichbar mit denen
herkömmlicher Einweggetränkebecher aus PET. Die Verwendung
nachwachsender Rohstoffe und die biologische Abbaubarkeit reichen
jedoch nicht aus, um für Biokunststoffe eine Umweltüberlegenheit
abzuleiten" sagte Günter Dehoust vom Öko-Institut und Mitverfasser
der Ökobilanzstudie zu Getränkebechersystemen. Auch eine kürzlich von
der Universität Pittsburgh (Pennsylvania, USA) veröffentlichte Studie
bestätigt den Befund. Demnach ist Bioplastik aus Pflanzenrohstoffen
ebenso umweltschädlich wie herkömmlicher Kunststoff aus Erdöl.

Die von Herstellern und Lieferanten von Bioplastikprodukten gern
aufgestellte Behauptung, Trinkbecher aus Maisstärke seien
CO2-neutral, ist falsch. Zwar trifft dies für den reinen
Pflanzenrohstoff für die Becherproduktion zu, nicht jedoch unter
Berücksichtigung des Lebenszyklus mit Anpflanzen, Düngen und Ernte.
Für die Herstellung und den Transport der Becher muss ebenfalls
Energie aufgewendet werden. Nach Angaben des Umweltbundesamts (UBA)
in Dessau können als biologisch abbaubar eingestufte Kunststoffe
zudem zu bis zu 50 Prozent aus synthetischen Zusatzstoffen bestehen.
Schließlich kann nach Aussagen von Becherlieferanten für die
Herstellung von Bioplastikbechern der Einsatz von gentechnisch
veränderten Pflanzensorten nicht ausgeschlossen werden.
Umweltbewusste Verbraucher, die gerne zu Bioprodukten greifen,
unterstützen so möglicherweise ungewollt den Anbau gentechnisch
veränderter Pflanzen.

Die beste Verpackung ist die, die gar nicht erst produziert wird.
Dieser einfache Grundsatz ist das Fundament der fünfstufigen
Abfallhierarchie der europäischen Abfallrahmenrichtlinie: Abfälle
sollten also in erster Linie vermieden werden. Deshalb ist es nicht
sinnvoll herkömmliche Wegwerfprodukte durch solche aus Bioplastik zu
ersetzen. "Der grüne Anstrich von biologisch abbaubaren
Einwegprodukten unterstützt eine umweltschädigende Ex- und
Hopp-Mentalität. Dabei hat Bioplastik in der Landschaft und auf dem
Kompost von umweltbewussten Bürgerinnen und Bürgern ebenso wenig
etwas zu suchen wie herkömmlicher Plastikmüll", erklärte Maria
Elander, DUH-Bereichsleiterin für Kreislaufwirtschaft.

Im Vergleich zu Einwegverpackungen spart die wiederholte Nutzung
von Mehrwegprodukten Energie und Rohstoffe. So wird beispielsweise
ein Mehrwegbecher im Bremer Weserstadion durchschnittlich 217 Mal für
den Getränkeausschank wieder verwendet. Im Rahmen des "Green Goal
Konzeptes" für mehr Umweltschutz bei Fußballveranstaltungen wurde für
die bevorstehende FIFA Fußball Frauen-Weltmeisterschaft 2011 in
Deutschland ein ressourceneffizientes und umweltfreundliches
Mehrwegkonzept für den Getränkeausschank festgelegt. Dies sei der
richtige Weg für glaubwürdigen Umweltschutz bei Sport- und anderen
Massenevents und sollte auch in den deutschen Bundesligastadien
Anwendung finden, erklärte die DUH. Den Deutschen Fußball-Bund und
die Deutsche Fußball Liga fordert die Umweltorganisation auf, den
Einsatz von Mehrwegbechern für den Spielbetrieb bei Länder- und
Bundesligaspielen verbindlich festzulegen.

Das Hintergrundpapier zum Thema finden Sie hier:
http://www.duh.de/pressemitteilung.html?&tx_ttnews[tt_news]=2530



Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel: 0171 3649170, Fax: 030
2400867-19, resch@duh.de

Günter Dehoust, stellv. Bereichsleiter Infrastruktur und Unternehmen
Öko-Institut e.V., Rheinstr. 95, 64295 Darmstadt, Tel: 06151 8191 11,
Fax: 06151 8191 33, g.dehoust@oeko.de

Maria Elander, Leiterin Kreislaufwirtschaft, Deutsche Umwelthilfe
e.V., Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-41, Mobil:
0160 5337376, elander@duh.de

Gerd Rosenkranz, Leiter Politik & Presse, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-0, 0171 5660577,
rosenkranz@duh.de


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