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WAZ: Rot pur gegen Rot-(Rot)-Grün - Leitartikel von Ulrich Reitz

Geschrieben am 21-02-2011

Essen (ots) - Für die Sozialdemokraten hält der Riesenerfolg von
Olaf Scholz in Hamburg noch eine ganz andere, eher unbequeme
Botschaft bereit: Auch - oder gerade? - Agenda-Politiker können
Wahlen gewinnen. Scholz ist in vielem die Anti-These zum
sozialdemokratischen Nach-Schröder-Mainstream. Den
Verteilungs-Sympathisanten in der eigenen Partei, auch
Gewerkschaften, hält er die leeren Kassen und die staatspolitische
Verantwortung im Umgang mit Steuergeld entgegen. Die inzwischen auch
unter den Genossen, nach jahrelangem grünen Trommelfeuer, verbreitete
Industrie-Skepsis kontert Scholz mit der Ankündigung, den wichtigsten
Industriestandort in Hamburg zu päppeln, den Hafen. Das Schicksal hat
konsequenterweise Scholz eine Koalition mit den Grünen erspart und
einen augenzwinkernden Glückwunsch von Gerhard Schröder eingetragen.
Wahlen werden in der Mitte gewonnen, hatte der Kanzlerkandidat
Schröder einst seinen Genossen eingeimpft. Scholz hat dies in Hamburg
so rigoros beherzigt wie in den vergangenen Jahren kein einziger
sozialdemokratischer Wahlkämpfer. Er geht so weit, den
Handelskammer-Chef, typischerweise CDU-Sympathisant, zum
Wirtschaftsminister zu machen. Ungestraft konnte Scholz sogar über
den schwarz-grünen Koalitionsvertrag ätzen, dieser sei linker gewesen
als das nun wirklich linke Wahlprogramm der hessischen Andrea
Ypsilanti. Man darf gespannt sein, was sich jetzt in Hamburg
entwickelt, unter Führung von Scholz, der sich in seinem
programmatischen Anspruch gewiss nicht auf die Hansestadt beschränken
wird (manchen gilt er schon als Kanzlerkandidaten-Alternative).
Jedenfalls entsteht hier eine Alternative zu Rot-(Rot)-Grün.
Vielleicht wird sich die SPD jetzt daran erinnern, dass ihr früher,
noch nicht durch Grüne verwirrt, einmal die Kernkraft wichtig war,
die Industrie, der technische Fortschritt, die Leistungsorientierung
als Voraussetzung für den Aufstieg, usw. Vielleicht werden manche in
der SPD auch nachdenklich, wenn sie auf die dermaßen abgestürzte CDU
blicken. Die typisch bürgerliche Sehnsucht nach etwas irgendwie
Anti-Spießigem, nach Schwarz-Grün also, hat dazu geführt, dass die
Christdemokraten sich, grün angestrichen, quasi zerbröselten. Sogar
Selbstständige wählten da lieber SPD. Fazit: Es gibt nun, grob
gesagt, zwei SPD-Modelle: Sparen und Wirtschaften in Hamburg.
Schulden-Machen in NRW. Absolute Mehrheit dort, Rot-Grün plus hier.



Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de


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