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Westdeutsche Zeitung: Was geschieht mit freigelassenen Schwerverbrechern? - Zwischen Angst und Freiheit Ein Kommentar von Horst Kuhnes =

Geschrieben am 24-01-2011

Düsseldorf (ots) - Es ist ein Dilemma, das es nicht nur im Örtchen
Randerath im Kreis Heinsberg gibt, sondern eines, vor dem zahlreiche
Kommunen in ganz Deutschland stehen - insbesondere jene, die
unmittelbar von den jüngsten Entscheidungen des Europäischen
Gerichtshofes für Menschenrechte betroffen sind: Wie geht man mit
Menschen um, die sadistisch gequält, vergewaltigt oder grausam
gemordet haben, die sogar als rückfallgefährdet und gefährlich
gelten, aber trotzdem auf richterlichen Beschluss in Freiheit gesetzt
wurden?

Die Freigelassenen haben nach Verbüßen ihrer Strafe ein Recht
darauf, in Freiheit zu leben. Die Gesellschaft - konkret: die
Nachbarschaft - wiederum hat ein Recht darauf, vom Staat vor
möglichen neuen Straftaten eben solcher Freigelassener geschützt zu
werden. Ein klassisches Dilemma, denn beides scheint gleichzeitig
nicht realisierbar: Die völlige Freiheit des einen bedingt Angst bei
den anderen, der größtmögliche Schutz der Gesellschaft bedingt
zumindest eine Einschränkung der Freiheit des Einzelnen.

Das Verwaltungsgericht Aachen, das gestern über die
Dauerüberwachung des nach wie vor als gefährlich geltenden
Sexualstraftäters Karl D. entscheiden musste, hat sich für die
Sicherheit der Mehrheit ausgesprochen. Die Richter kamen nach langer,
reiflicher Überlegung zu dem Schluss, dass die
Rund-um-die-Uhr-Überwachung nicht gegen unsere Verfassung verstößt:
Die Polizeivorschrift für die Überwachung sei rechtmäßig angewendet
worden, denn Karl D. sei weiter eine Gefahr für die Allgemeinheit.

Allerdings ließ das Gericht ausdrücklich eine Berufung beim
Oberverwaltungsgericht zu. Die hat der Anwalt des Klägers auch
bereits angekündigt. Es steht aber zu vermuten, dass auch das
Oberverwaltungsgericht nicht abschließend entscheiden wird, sondern
die Angelegenheit wohl erst beim Bundesverfassungsgericht endgültig
geklärt wird. Zumindest bis dahin werden Karl D., sein Bruder und
dessen Familie mit den Einschränkungen leben müssen, die die
Rund-um-die-Uhr-Bewachung mit sich bringt. Die Kosten zahlt die
Allgemeinheit - als ihren Preis für den Schutz vor möglichen weiteren
Taten von Karl D. Das mag keine Ideallösung sein, aber die kann es
bei einem klassischen Dilemma ja auch nicht geben.



Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2370
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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