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Westfalenpost: Maklerin der Mächtigen In Heiligendamm brillierte die Kanzlerin

Geschrieben am 08-06-2007

Hagen (ots) - Von Winfried Dolderer

Man wird sich wohl bis 2050 gedulden müssen, um letztlich bewerten
zu können, was acht Staats- und Regierungschefs in diesen Tagen an
der Ostsee beschlossen haben.
Man wird dann entweder sagen, der Heiligendammer Gipfel sei ein
Schritt gewesen, ein kleiner vielleicht, aber immerhin ein nicht
unwichtiger, auf einem Weg, auf dem die Menschheit allmählich ihrer
Bedrohung durch den Klimawandel innegeworden sei und schließlich die
Entschlossenheit und Kraft gefunden habe, das Verhängnis abzuwenden.
Oder das Urteil wird lauten, in Heiligendamm sei einmal mehr jene Art
virtueller Politik betrieben worden, von der sich die Realität nicht
im mindesten beeindrucken lässt.
Wer die bisherigen Erfahrungen mit Beschlüssen der G8 bedenkt, und
zudem weiß, dass sich in Heiligendamm acht Mächte geeinigt haben, die
längst nicht mehr das alleinige Sagen haben in der Welt, wird
letzteres für wahrscheinlich halten. Und dann wäre es auch wirklich
nicht so wichtig, ob man nun beschließt, den Schadstoffausstoß bis
2050 um die Hälfte zu verringern, oder nur, ernsthaft darüber
nachzudenken, wie in Heiligendamm geschehen.
Was man hingegen schon jetzt mit einiger Sicherheit sagen kann: Die
Gewinnerin dieser Tage heißt Angela Merkel, "Miss World", wie ein
Boulevardblatt sie bereits tituliert. Man hat eine Kanzlerin im
Sonnenglanz erlebt, womit nicht nur das Wetter beschrieben ist, das
die Kulissen aufs schönste zur Geltung brachte und jene Bilder
erzeugen half, ohne die die Darstellung der Macht auch schon zu
Zeiten der Herzöge von Mecklenburg nicht ausgekommen ist. In
Heiligendamm brillierte Merkel zum wiederholten Mal in jener Rolle,
die ihr ganz offenbar am meisten liegt, als Maklerin der Mächtigen,
der es diesmal gelungen ist, den hartleibigen US-Präsidenten zu
bewegen, zu einem Formelkompromiss in Sachen Klimaschutz immerhin.
Wer nicht ihren Pragmatismus, ihre stets alle Interessen bedenkende
Sachlichkeit besäße, nicht zuletzt ihr mit Bedacht gepflegtes
Verhältnis zu George W. Bush, für den Merkel die wichtigste
Gesprächspartnerin in Europa ist, hätte vielleicht noch weniger
zustande gebracht. Überschätzen muss man ihren Triumph dennoch nicht.
Es liegt ja im Interesse aller Beteiligten einer solchen
Veranstaltung, am Ende vor dem Publikum nicht mit leeren Händen
dazustehen. Irgendeine Einigung nach bis zuletzt unüberwindlich
scheinendem Dissens durfte man erwarten, das ist Teil der
Inszenierung.
Es bleibt das Unbehagen am größenwahnsinnigen Polit-Event und die
Frage nach dem Verhältnis von Aufwand und Ertrag. Das Bekenntnis zum
Kimaschutz - gut so. Mehr Hilfe für Afrika - bravo. Vielleicht wären
aber ohne Brimborium die guten Absichten glaubwürdiger gewesen.
Der Zaun von Heiligendamm ist eine symbolische Scheide. Er trennt
die drinnen, die meinen oder zu meinen vorgeben, sie bewegten die
Welt, wenn sie klangvolle Kompromisse verkünden, von der Wirklichkeit
draußen.

Originaltext: Westfalenpost
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=58966
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Westfalenpost
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Telefon: 02331/9174160


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